(ots) - Ein Trauerspiel
Die EU-Spitze scheint der Welt zurzeit ein wenig entrückt zu sein.
Das gilt für die Staats- und Regierungschefs sowie die Kommission. Da
treffen sie sich vor zwei Wochen zu einem Sonderschuldenkrisengipfel
und einigen sich irgendwie auf alles, was im Vorfeld mal gefordert
wurde, und zugleich ein Stück weit auf nichts. So lässt sich die
überbordende Vielfalt der Beschlüsse zumindest auch interpretieren.
Im Anschluss erklären Politiker und EU-Verwaltung das Werk flugs für
vollbracht und läuten vielfach ihre Ferien ein. Die parlamentarische
Umsetzung in den Mitgliedsländern oder die Vermittlung der Pläne in
der Heimat, sie fiel schlicht aus oder wurde in ministeriale
Hinterzimmer verbannt.
Insofern ist die Politik unmittelbar verantwortlich für die
momentanen Ängste und Milliardenverluste an den Börsen. Kein Wunder,
dass Kommissionschef Barroso sich ärgert und, ebenfalls im Urlaub,
seinen Protest durchsickern lässt. Nur dass er damit das Gegenteil
des gewünschten Ziels erreicht und Öl ins Feuer gießt. So riskiert er
das letzte Vertrauen, das noch jemand in eine EU-Wirtschaftspolitik
hat. Es ist ein Trauerspiel, denn im Grunde kann einzig eine
kraftvolle, konzertierte Aktion der EU aus der Malaise führen,
zuvorderst mit einer glaubwürdigen Neuauflage des Stabilitätspakts.
Anlass zur Hoffnung besteht immerhin auch. Denn noch diskreditierter
als die EU-Wirtschaftspolitik dürfte auf absehbare Zeit der bisher
allzu populäre staatliche Ansatz sein, alles für jeden bezahlen zu
wollen. Mehr Realismus wird helfen
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