(ots) - Vom arabischen Frühling gelernt
Die bemerkenswerte Wucht des arabischen Frühlings gewinnt an
ungeahnter Stelle noch eine ganz andere, neue Qualität. Denn
inspiriert durch die Massenaufstände von Tunesien und Ägypten über
Libyen und Syrien bis zum Jemen und Bahrain, protestieren nun mehr
als eine viertel Million Israelis gegen die Politik ihrer Führung. In
diesen Staaten riefen und rufen die wütenden Völker auch nach
Demokratie. In Israel zeigt sich vor allem die Mittelschicht
frustriert ob sozialer Missstände. Dieser Unterschied fällt nicht ins
Gewicht - wohl aber, dass es im spannungsgeladenen
jüdisch-islamischen Verhältnis Anzeichen von gegenseitigem Lernen
gibt.
In der nüchternen Realpolitik sieht es weniger erfreulich aus. Die
Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu reagiert mit der
Einsetzung einer Expertenkommission erst jetzt angesichts der
Demonstration in Tel Aviv, Jerusalem und anderswo - viel zu spät. Sie
hat von Anfang an den Nahost-Konflikt überstrapaziert, anstatt für
bezahlbare Mieten und ein besseres Gesundheits- und Bildungssystem zu
sorgen.
Hardliner Netanjahu gerät also unter ungewohnten Druck aus dem
Inland. Er wird spürbare Ergebnisse liefern müssen. Auf der anderen
Seite sollte die vom Zeltlager-Protest zur riesigen Bewegung
angeschwollene Opposition eines bedenken: Ihre Forderungen nehmen zu,
ohne dass sie präzise formuliert und aufgelistet wären. Ein Paradies
auf Erden wird auch Israel nicht.
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