(ots) -
Beim Gemeinsamen Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung kommt
Deutschland unterschiedlich schnell voran. Das führt zu großen
Unsicherheiten und Belastungen bei Eltern, Kindern und Lehrern. Nach
Recherchen der Aktion Mensch besucht in Niedersachsen nur rund jedes
zehnte Kind mit sonderpädagogischem Förderbedarf eine Regelschule, in
Schleswig-Holstein sind es dagegen schon mehr als die Hälfte.
Bundesweit betrug der Anteil im Schuljahr 2009/2010 nur 20,1 Prozent,
neue Zahlen wird die Kultusministerkonferenz frühestens im November
veröffentlichen. Nach der UN-Behindertenrechtskonvention, in
Deutschland seit 2009 in Kraft, darf niemand aufgrund seiner
Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden.
"Die Barrieren in den Köpfen sind dabei das eigentliche Problem.
Viele Bundesländer müssen nachsitzen, um deutlich mehr Kindern das
Gemeinsame Lernen zu ermöglichen", sagt Martin Georgi, Vorstand der
Aktion Mensch und Mitglied im Expertenkreis "Inklusive Bildung" der
deutschen UNESCO-Kommission. "Es ist aber immer noch weit verbreitete
Ansicht, dass Kinder mit Behinderung nur in der Sonder- oder
Förderschule gut aufgehoben sind oder sie sogar das Fortkommen
anderer auf der Regelschule bremsen."
Damit Gemeinsames Lernen gelingen kann, setzt Eberhard Jüttner,
Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbandes, auf strukturelle
Veränderungen: "Schon in der Lehrerausbildung müssen die Bedürfnisse
von Kindern mit Behinderung berücksichtigt werden. Dazu brauchen wir
in den Ländern klare Zuständigkeiten für die inklusive Schule. Das
jetzige Träger- und Zuständigkeitswirrwarr ist eine Zumutung für
Eltern und Kinder."
Teurer wird die inklusive Bildung für den Staat nur in der
Anlaufphase, betont Andreas Hinz, Inklusionspädagoge der
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Auf lange Sicht ist ein
einheitliches Schulsystem mit weniger Schultypen kostengünstiger:
"Mit einem voll ausgestatteten sonderpädagogischem System plus einem
Gemeinsamen Unterricht an Regelschulen leistet sich Deutschland im
Moment das denkbar teuerste Schulsystem überhaupt."
Eine druckfähige Grafik, ein ausführliches Interview mit Professor
Andreas Hinz sowie Positionspapiere, Zahlen und Fakten aus den
Bundesländern finden Sie auf unseren Internetseiten:
www.aktion-mensch.de
Die Aktion Mensch ist die größte private Förderorganisation im
sozialen Bereich in Deutschland. Die Soziallotterie wurde 1964 als
Aktion Sorgenkind gegründet und 2000 in Aktion Mensch umbenannt. Zu
ihren Mitgliedern gehören: ZDF, Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Deutsches
Rotes Kreuz, Diakonie, Der Paritätische Gesamtverband, Zentrale
Wohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland. Der Verein unterstützt mit
seinen Erlösen jeden Monat bis zu 1.000 soziale Vorhaben der
Behindertenhilfe und -selbsthilfe sowie der Kinder- und Jugendhilfe.
Möglich machen dies etwa 4,6 Millionen Loskäufer der Aktion
Mensch-Lotterie. www.aktion-mensch.de
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