(ots) - Glaubt man der Ankündigung, steht Europa eine
politische Revolution ins Haus: Eine "echte europäische
Wirtschaftsregierung" wollen Angela Merkel und Nicolas Sarkozy
installieren. So haben sie es in Paris verkündet. Dies wirft die
Frage auf: Werden die nationalen Regierungen bereit sein, wichtige
Kompetenzen - also Macht - an Brüssel abzutreten? Das aber darf auch
nach dem Pariser Treffen bezweifelt werden. Bislang haben die
Regierungschefs sorgsam darauf geachtet, dass Brüssel nicht zu stark
wurde. Das zeigt etwa die Personalpolitik. Top-Jobs in der EU wurden
stets mit wenig profilierten Politikern besetzt. Aktuelle Beispiele:
Kommissionspräsident José Manuel Barroso und EU-Außenministerin
Catherine Ashton. Beide gelten als politische Leichtgewichte, die
gegen die Regierungschefs im Zweifelsfall wenig zu melden haben.
Manches spricht dafür, dass auch eine "Wirtschaftsregierung" für die
17 Staaten der Euro-Zone lediglich ein großes Wort für eine wenig
zukunftsweisende Idee wäre. Zweimal im Jahr, so der
Merkel-Sarkozy-Plan, sollen sich die Regierungschefs treffen, um ihre
Wirtschaftspolitik abzustimmen. Die Leitung will man großzügig dem
tüchtigen, aber blassen EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy
überlassen. Im Klartext: Die Regierungschefs gäben kein Stück ihrer
Macht an Brüssel ab. Dazu passt, dass Berlin den Begriff der
"Wirtschaftsregierung" gestern bereits wieder relativierte. Außerdem:
Eine Regierung aus lauter Regierungschefs? Wie dies laufen soll, ist
ebenso unklar wie die Antwort auf die Frage, worüber die illustre
Runde Beschlüsse fassen soll. Geht es allein um die Überwachung der
Einhaltung des Stabilitätspaktes, könnte dies zwar hilfreich sein,
würde aber nicht den Anspruch einer "Regierung" erfüllen. Soll dieser
Begriff mit Leben gefüllt werden, muss es auch um andere Dinge gehen
wie Abstimmung in der Steuerpolitik, eine einheitliche Linie bei
Ausgabenkürzungen, ein gemeinsamer Haushalt. Eben eine europäische
Wirtschaftspolitik, die diesen Namen verdient. Dazu bräuchte es
allerdings ein Gremium, das über den nationalen Regierungen steht -
und keine weitere von Einzelinteressen geprägte Gipfelrunde. Fazit:
Was Merkel und Sarkozy wollen, ist keine "echte Wirtschaftsregierung"
für Europa. Dazu bräuchte es mehr als ein gemeinsames
Schuldenmanagement. Doch davor scheuen die Regierungschefs zurück -
aus Angst vor dem Verlust von Macht.
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