Nur noch rund 15 Prozent der 81 Millionen Deutschen sind jünger als 18 Jahre. 2,5 Millionen von ihnen leben an der Armutsgrenze. Um diesen Schicksalen zu begegnen, entstanden allein in Duisburg mehrere gemeinnützige Vereine. Allen voran: Pater Tobias, der für Spenden auch mal einen 100-km-Ultramarathon auf sich nimmt.
(firmenpresse) - Die katholische Kirche leidet noch immer unter den im Jahr 2010 bekannt gewordenen Missbrauchsfällen – das Vertrauen in die Geistlichen ist erschöpft. Fast erschöpft: „Bei so viel Misstrauen bin ich glücklich, dass die Menschen meiner Gemeinde sich auch weiterhin hilfesuchend und vertrauensvoll an mich wenden“, atmet Pater Tobias erleichtert auf. Statt Kinder und Jugendliche in Not zu bringen, versucht er seit Jahren, sie aus eben dieser zu befreien. Und das in einer Stadt, in der Arbeits- und Perspektivlosigkeit nicht zu leugnen ist: als Pastor der Herz-Jesu-Gemeinde in Duisburg-Neumühl. Verzeichnete Nordrhein-Westfalen im zweiten Quartal 2011 eine Arbeitslosenquote von insgesamt 8,8 Prozent, lag der Wert in Duisburg im selben Zeitraum bei 14,6 Prozent. „Zahlen, die nicht nur vermuten lassen, dass es vielen Familien hier schlecht geht und finanzielle Hilfe vonnöten ist“, so Pater Tobias. Ein Gottesmann, der nicht einfach auf himmlische Hilfe hofft, sondern selbst mit mehreren Projekten aktiv wird.
Jeder Kilometer zahlt sich aus
„Meiner Meinung nach sollte kein Kind aufgrund finanzieller Engpässe in der Familie auf ein erfülltes Sozialleben verzichten müssen“, erklärt der Geistliche. Was er meint, sind Mitgliedschaften in Sportvereinen oder Kurse in Musikschulen, die für eine ausgefüllte Freizeit und Gemeinschaftsgefühl sorgen. Das aber geht schnell ins Geld – das Resultat führt eine in diesen Tagen veröffentlichte Studie des Statistischen Bundesamtes („Wie leben Kinder in Deutschland?“) vor Augen, die sicherlich auch von Zukunftsängsten geprägt ist: Deutschland ist das kinderärmste Land Europas, nur noch 16,5 Prozent von 81 Millionen deutschen Staatsbürgern sind jünger als 18 Jahre. Für Pater Tobias eine ernstzunehmende Entwicklung und Grund, sich für die Jugend in seiner Stadt zu engagieren – auf seine Weise, mit Marathonläufen zum Beispiel. 2006 brachte er das erste Mal einen 42-Kilometer-Lauf hinter sich, bis heute folgten 16 weitere und sogar zwei Ultramarathons (56 und 100 Kilometer) schaffte der Sportbegeisterte, denn mit dem Überschreiten der Ziellinie erhält er für jeden gelaufenen Kilometer Spendengelder von Sponsoren. „Jeder Cent davon kommt bedürftigen Jugendlichen zugute. Auf sehr unterschiedliche Weise, aber immer mit dem Ziel, etwas zu ermöglichen, das ihnen hilft, den grauen Alltag hinter sich zu lassen.“ So bekamen beispielsweise dieses Jahr zehn Kinder die Möglichkeit, an Ferienfreizeiten teilzunehmen – pro Kind waren dafür 260 Euro notwendig. Auch die Projekte LebensWert und KiPa (Kinderpatenschaften) sind auf Initiative des Geistlichen entstanden, der in seiner Gemeinde mittlerweile eine feste Größe darstellt. Insgesamt kamen im vergangenen Jahr knapp 23.000 Euro mithilfe der Projekte zusammen, um direkt in Sportkleidung, Startgelder, Musikinstrumente oder anfallende Gebühren für unterschiedliche Vereine investiert werden zu können.
Am Ursprung ansetzen
Eine ausgewogene Freizeitgestaltung ist das eine – die grundsätzliche Versorgung das andere. Laut UN-Ausschuss leben in Deutschland 2,5 Millionen Kinder und Jugendliche unter der Armutsgrenze, jedes vierte Kind verlasse demnach ohne Frühstück das Haus. Ein Zustand, der für den Immersatt Kinder- und Jugendtisch e.V., ebenfalls in Duisburg beheimatet, untragbar ist. Deswegen setzen die Mitarbeiter dort Grundsteine für den täglichen Bedarf: Jeden Morgen verteilen sie bis zu 1.000 Frühstücksbeutel und bereiten bis zu 160 warme Mittagessen vor, die in mehreren Einrichtungen im Großraum Duisburg angeboten werden. 50 soziale Einrichtungen freuen sich über regelmäßige Lebensmittelspenden, zusätzlich bereitet der eingerichtete Bücherfonds SchuBiDu Lust am Lesenlernen. Tägliche Nachhilfe und Sprachförderungen, Ferienprogramme und weitere Angebote lassen für zahlreiche junge Menschen die Sorgen des Alltags etwas schwächer werden. Doch auch hier gilt: „Ohne Spenden geht es nicht. Trotz des Engagements vieler Ehrenamtlicher müssen immer wieder Dinge besorgt und bezahlt werden“, gibt Geschäftsstellenleiterin Nicole Elshoff zu verstehen. Pater Tobias teilt diese Sorgen, setzt aber – wie auch Immersatt – bewusst auf den unmittelbaren Kontakt, um Vernachlässigung und Isolierung vorzubeugen. „Jeden Tag kommen Menschen zu mir und erzählen von ihren Nöten. Da geht es nicht darum, gemeinsam zu beten, sondern zu erfahren, wo der Kummer seinen Ursprung hat und dort gezielt anzusetzen.“ So eröffnete der Pastor zwei Beratungsstellen in der Stadt, die wiederum ihre Türen für jedermann geöffnet haben. Ein Team aus Sozialarbeitern tritt dort ein, wo es notwendig ist, kümmert sich um Termine bei Behörden, begleitet die Menschen dorthin und hilft damit, Hürden zu überwinden. Pater Tobias: „Viele schämen sich für ihre Situation und trauen sich nicht, Hilfe, auch staatliche, anzunehmen. Der Weg zu uns ist meist der erste Schritt in eine bessere Zukunft.“
Ziel von Projekt Lebenswert und Pater Tobias ist es bedürftigen Menschen einen persönlichen Halt zu geben und sie auf dem Weg in ein selbstbestimmtes Leben, unabhängig von Alter, Geschlecht, Religion, Herkunft etc., zu begleiten.
Pater Tobias
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