(ots) - Ein Kommentar von Thomas Frankenfeld
In amerikanischen Medien ist das Foto einer grauenhaft entstellten
Krankenhauspatientin zu sehen. Sie war das Kindermädchen von Gaddafis
Sohn Hannibal, der als Schläger und Trunkenbold Schlagzeilen gemacht
hat. Dessen Frau Aline soll sie gefesselt und immer wieder mit
kochendem Wasser übergossen haben, weil sie es nicht gleich geschafft
hatte, Alines weinende Tochter zu beruhigen. Dies wirft ein
Schlaglicht auf die Charaktere jener Familie, von denen einige
Mitglieder - darunter Hannibal - nun Asyl in Algerien erhalten haben.
Der algerischen Regierung ist sehr wohl bewusst, dass die libyschen
Rebellen und weite Teile des Nachbarlandes vor Wut über diesen
Schritt schäumen und die Auslieferung der Gaddafis fordern. Das Motiv
der Algerier ist natürlich keineswegs humanitäres Engagement oder gar
Wüstengastfreundschaft, wie vollmundig behauptet wurde - es ist eine
kühl kalkulierte politische Provokation. Das Regime des greisen
algerischen Präsidenten Abdelasis Bouteflika richtet absichtlich
Barrieren zu Libyen auf. Algier hat den Ãœbergangsrat der libyschen
Rebellen bislang nicht als legitime Vertretung anerkannt und steht im
Verdacht, Gaddafi noch jüngst mit Waffen unterstützt zu haben. Zwar
hat der alte Fuchs Bouteflika angesichts der "Arabellion" in seiner
Region schneller und geschickter reagiert als etwa Ägyptens
gestürzter Pharao Mubarak - er hat den fast zwei Jahrzehnte alten
Ausnahmezustand aufgehoben und rasch soziale Wohltaten unter das Volk
gestreut. Dennoch hängt das algerische Regime nur noch an seinen
Fingernägeln. Jugendarbeitslosigkeit, Repression, Korruption -
Algerien weist all jene Elemente auf, die zu den Volksaufständen in
Tunesien, Ägypten, Libyen und Bahrain geführt haben. Bouteflika will
vermeiden, dass er als nächster Stein im Despoten-Domino fällt; daher
bewirkt er eine politische Krise, um so eine Verbrüderung seines
Volkes mit den libyschen Rebellen und ein Ãœberspringen des
revolutionären Funkens zu verhindern. Nützen wird es ihm am Ende
nichts. Bouteflika hat sich, wie eine britische Zeitung treffend
schrieb, auf die falsche Seite der Geschichte gestellt.
Pressekontakt:
HAMBURGER ABENDBLATT
Ressortleiter Meinung
Dr. Christoph Rind
Telefon: +49 40 347 234 57
Fax: +49 40 347 261 10
christoph.rind(at)abendblatt.de meinung(at)abendblatt.de