(ots) - Der Vorstand der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) hat
Bundeskanzlerin Angela Merkel in einem Offenen Brief aufgefordert,
die "Menschenrechtsverletzungen der katholischen Kirche" zu
kritisieren, wenn sie am 22. September mit Papst Benedikt XVI.
zusammentrifft. Außerdem drängt die Stiftung auf eine Änderung des
Protokolls: Dass der Papst die Kanzlerin in Berlin empfange - und
nicht umgekehrt, erinnere an "jene düsteren Zeiten, als weltliche
Herrscher dem 'Stellvertreter Christi' ihre Aufwartung machen
mussten, um politisch nicht unter die Räder zu geraten".
Merkel solle im Gespräch mit Benedikt XVI. die "gebührende
Distanz" wahren und es vermeiden, ihn als "Heiligen Vater"
anzusprechen. Die Stiftungsverantwortlichen erwarten von der
Kanzlerin, dass sie den Papst zu einer "lückenlosen Aufklärung der
von Priestern und Ordensleuten begangenen Verbrechen an Heim- und
Internatskindern" auffordert und ihm klarmacht, "dass die
europäischen Antidiskriminierungsvorschriften auch für kirchliche
Betriebe in Deutschland gelten müssen". Es könne nicht toleriert
werden, "dass Menschen ihre Arbeitsstelle verlieren, bloß weil sie
einen geschiedenen Partner heiraten oder sich dazu bekennen, in einer
homosexuellen Beziehung zu leben."
Ansprechen solle die Bundeskanzlerin auch die Privilegien, die
sich die Kirche "in vor- und antidemokratischen Zeiten" gesichert
habe. Dazu zählen nicht nur die historischen Staatsleistungen, die
dafür verantwortlich sind, dass konfessionsfreie Menschen noch immer
für Bischofsgehälter aufkommen, sondern auch der Eintrag der
Konfessionszugehörigkeit auf der Lohnsteuerkarte. Diese in der
Nazi-Zeit eingeführte Regelung widerspreche dem Grundgesetz,
demzufolge niemand verpflichtet sei, seine religiöse Überzeugung zu
offenbaren.
Deutliche Worte findet die Stiftung auch für die "unzeitgemäße,
verantwortungslose Sexualpolitik" des Papstes sowie für die geplante
Seligsprechung von Pius XII, der "alle Faschisten seiner Zeit"
unterstützt habe. Dass dem Vatikan der Völkerrechtsstatus entzogen
werden sollte, begründen die Autoren nicht nur historisch, sondern
auch politisch: Ein solcher Schritt sei nicht nur aus Fairness
gegenüber anderen Religionen und Weltanschauungen geboten, er könnte
auch verhindern, dass sich die Kirche weiterhin der internationalen
Strafverfolgung entzieht.
Zwar gehen die Verantwortlichen der Giordano-Bruno-Stiftung davon
aus, dass Angela Merkel diese "heiklen Punkte" nicht ansprechen
werde, jedoch sei es an der Zeit, "dass die Politiker die veränderten
gesellschaftlichen Verhältnisse zur Kenntnis nehmen". Die Bürgerinnen
und Bürger würden es "auf Dauer nicht dulden, dass ihr Staat Jahr für
Jahr Milliarden von Steuergeldern in eine Institution investiert, die
nicht nur eine verheerende Geschichte zu verantworten hat, sondern
auch in der Gegenwart alles tut, um gesellschaftlichen Fortschritt zu
verhindern."
Weitere Informationen:
http://www.g-b-s.org/meldung/offener-brief-bundeskanzlerin-merkel
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