(ots) - Demokratie unter neuen Vorzeichen
Alles, was der Sicherheit des Euro diene, sei zu tun, alles, was
ihr nicht diene, sei zu unterlassen, mahnt die Kanzlerin. Politiker
handeln durch das Wort. Angela Merkels pauschale Forderung meint
mithin: Was dem Euro schaden kann, darf nicht öffentlich
ausgesprochen werden. Das ist eine bemerkenswerte Aussage aus dem
Mund einer demokratisch gewählten Regierungschefin.
Auf den ersten Blick hat sie ja recht mit der Warnung,
Spekulationen ihres Wirtschaftsministers Philipp Rösler drohten die
Euro-Krise weiter zu verschärfen. Denn oberflächlich dreht sich der
Streit zwischen Merkel und Rösler um den angemessenen öffentlichen
Umgang mit der europäischen Schuldenkrise.
Auf den zweiten Blick aber geht es um viel mehr. Die Kanzlerin hat
deutlich gemacht, dass sie den politischen Diskurs in Deutschland
unter neuen Vorzeichen stattfinden lassen will. Die Freiheit des
öffentlichen Wortes soll hinter das Ziel zurücktreten, die
europäischen Finanzmärkte zu beruhigen.
Merkel tastet damit einen Kernbestandteil der Demokratie an. Es
ist bedenklich, wenn erwartete Reaktionen von Finanzmarktteilnehmern
den Raum vorgeben sollen, in dem künftig in Deutschland öffentlich
politisch gestritten werden darf. Soll nur noch hinter verschlossenen
Türen diskutiert werden? Wohin kämen wir, wenn Politiker,
Wirtschaftsführer, Wissenschaftler sich tatsächlich dem Primat der
Finanzmärkte unterwürfen?
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