(ots) - Toleranztest
Deutsche Länder und der Papst: Seit dem Hochmittelalter ist das
eine pikante Beziehung. Kirchliche und weltliche Herrscher setzten
sich gegenseitig ab und ein, vertrieben sich mal durch Bann, dann
durch Kampf vom jeweiligen Posten. Zudem ist Deutschland Mutterland
der Reformation und damit Ausgangsort eines der größten Angriffe auf
das katholische Weltbild, die es je gegeben haben dürfte.
All dies und somit eine seit tausend Jahren aufgeladene Symbolik
schwingt mit, wenn der Papst von heute an in Deutschland zu Gast ist.
Aktuelle Streitfragen kommen hinzu, sind aber nicht der Kern, wenn es
um Kritik am Besucher oder Kritik an den Kritikern geht. Was sich in
den verschiedenen Standpunkten widerspiegelt, sind Sehnsüchte, und
zwar paradoxerweise auf beiden Seiten nach Freiheit. Der eine will
frei sein von vatikanischen Vorschriften, der andere von Anfechtungen
eines allzu weltlichen Alltags.
Im Ergebnis erscheinen beide Seiten zumindest in Teilen gefangen,
nämlich in wechselseitiger Ablehnung. So mutet es merkwürdig an,
Toleranz gegenüber einer Rede im Bundestag zu fordern, zugleich aber
einigen Politikern ihr Fernbleiben nicht zuzugestehen, auch wenn es
schmerzt. Umgekehrt gilt: Die Kirche wird als verbohrt kritisiert,
doch die Sicht einiger Kritiker auf sie ist nicht minder engstirnig.
Der Besuch Benedikts XVI. wird so zum Toleranztest, national wie für
jeden persönlich.
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