(ots) - Von Gott und Teufel
Wer Gott reden hören will, der lese die Heilige Schrift, wer den
Teufel reden hören will, der lese des Papstes Dekrete und Bullen",
das meinte Martin Luther 1545 in seiner Schrift wider das Papsttum zu
Rom. Wenn Benedikt XVI. nun in genau jenem Kapitelsaal mit der
EKD-Spitze spricht, in dem Luther seinerzeit als Mönch verkehrte,
sollte dies als Geste der Ökumene nicht unterschätzt werden. Dass der
Papst eine allzu weite Annäherung ablehnt, aus Gemeinsamkeit keine
Gleichheit folgert, widerspricht dem nicht. Es ist aus deutscher
Sicht bedauerlich, aber letztlich konsequent.
Ohnehin gehen die Reform-Erwartungen deutscher Katholiken zu weit.
Denn der Kurs des Vatikans, der Traditionen stärkt statt schwächt und
hierzulande an der Basis vielfach Frust schürt, kommt in weiten
Teilen der Welt gut an. In Lateinamerika, Afrika und Südostasien ist
er Gegengewicht zu erstarkenden evangelikalen Strömungen. Dort sorgt
er für Abgrenzung und auch für Zulauf.
Global betrachtet, sind 24 Millionen deutsche Katholiken eine
kleine Gruppe innerhalb der Kirche, ebenso wie die 180 000
Ausgetretenen im vergangenen Jahr. Eine konservative Positionierung
des Papstes ist somit durchaus verständlich. Aber in Deutschland wird
sie es der katholischen Kirche absehbar immer schwerer machen, mit
schmerzhaften Folgen für ihr Verständnis als gesellschaftliche
Instanz.
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