(ots) - Viele afghanische Frauen fürchten, dass ein
politischer Ausgleich mit radikalen Kräften in ihrem Land wichtige
Errungenschaften der letzten zehn Jahre gefährden könnte. Laut der
neuen Oxfam-Studie "A Place at the Table: Safeguarding Women's Rights
in Afghanistan" fürchten Frauen besonders um ihren Zugang zu Bildung
und Gesundheitsfürsorge sowie ihr Recht auf politische Mitsprache.
Oxfam fordert die afghanische Regierung und die internationale
Gemeinschaft dazu auf, bei einer politischen Einigung mit
Aufständischen unmissverständlich die in der afghanischen Verfassung
verankerten Frauenrechte zu garantieren.
Zehn Jahre nach der ersten Petersberg-Konferenz in Bonn will die
internationale Gemeinschaft am 5. Dezember über zentrale Fragen zu
Frieden und Entwicklung in Afghanistan beraten. Paul Bendix,
Geschäftsführer von Oxfam Deutschland: "Ziel der Bonner Konferenz
muss sein, dass die afghanischen Frauen nicht nur symbolisch
beteiligt, sondern umfassend in alle Verhandlungen einbezogen werden.
Sonst ist zu befürchten, dass bei künftigen Friedensabkommen die
Rechte der Frauen dem machtpolitischen Ausgleich mit Extremisten
geopfert werden." Sämtliche Friedensvereinbarungen müssen geeignete
Maßnahmen enthalten, um etwa Schulbildung für Mädchen und den Zugang
von Frauen zur Gesundheitsfürsorge zu sichern.
Die Studie beschreibt bedeutende Verbesserungen der Lage der
Frauen in verschiedenen Lebensbereichen in Afghanistan seit 2001,
stellt aber auch rückläufige Tendenzen fest. So gibt es heute rund
2,7 Millionen Schülerinnen, verglichen mit wenigen Tausend zu
Taliban-Zeiten. 72 Prozent aller Mädchen im Schulalter gehen jedoch
immer noch nicht regelmäßig zur Schule, besonders in umkämpften und
ländlichen Gebieten.
Eine Erfolgsgeschichte ist der Frauenanteil von 28 Prozent im
afghanischen Parlament, einer der höchsten Werte weltweit. Andere
politische Funktionen bleiben Frauen dagegen weitgehend verschlossen.
So gibt es derzeit nur eine Ministerin, verglichen mit drei im Jahr
2004. Im Afghanischen Hohen Friedensrat, den der kürzlich ermordete
frühere afghanische Präsident Burhanuddin Rabbani leitete, sind nur
neun von 70 Mitgliedern Frauen.
Eine zwiespältige Bilanz weist das Gesetz zur Beseitigung der
Gewalt gegen Frauen von 2009 auf, das Ehrenmord, Kinderehen und die
Weggabe von Mädchen zur Streitschlichtung verbietet. Es wird jedoch
nur in zehn von 34 afghanischen Provinzen umgesetzt. Im zweiten
Quartal 2011 ist zudem gegenüber dem Vorjahr eine deutliche Zunahme
von Gewaltakten gegen Frauen zu verzeichnen.
Die Studie "A Place at the Table: Safeguarding Women's Rights in
Afghanistan" wurde gemeinsam von Louise Hancock (Oxfam-Expertin in
Kabul) und der afghanischen Wissenschaftlerin Orzala Ashraf Nemat
verfasst. Oxfam unterstützt seit 1964 Projekte in Afghanistan.
Wir vermitteln auch gerne Interviews zu den Autorinnen der Studie.
Sie finden die Studie (engl.) zum Download: www.oxfam.de/Afghanistan
Pressekontakt:
Svenja Koch, Pressestelle Oxfam Deutschland e.V. unter Tel.: 0177 880
99 77, E-Mail: skoch(at)oxfam.de