(ots) - Tunesiens Ben Ali als schweigender Politflüchtling
im saudischen Exil, Ägyptens Hosni Mubarak als bleicher Angeklagter
im eisernen Käfig, Libyens Muammar Gaddafi als blutige Leiche auf
offener Straße, offenbar gelyncht von den eigenen Landsleuten: Nach
dieser Eskalation der Bilder können sich nun die übrigen arabischen
Potenta- ten ausmalen, wie sie eines Tages enden werden, wenn sie
weiter auf ihr Volk schießen lassen. "Jetzt bist du dran Bashar",
skandierten die Menschen in Syrien, wo der Aufstand erstmals die
Hauptstadt Damaskus erfasste. "Hast du letzte Nacht gut geschlafen?",
schleuderten die Demonstranten Jemens Präsidenten Saleh entgegen.
Denn Gaddafis blutiges Ende gibt dem arabischen Aufstand in Syrien
und Jemen neuen Auftrieb - und wird den Reformdruck auf die übrigen
Regime weiter erhöhen. Die Araber wollen die Zeiten straflosen
Machtmissbrauchs ein für allemal beenden, auch wenn Vorreiter
Tunesien und Ägypten ihre ersten Schritte nach der Selbstbefreiung
als unsicher, zweifelnd und beängstigend erfahren. Tunesien erntete
am Sonntag mit den Wahlen zur verfassungsgebenden Versammlung die
ersten Früchte seiner vor neun Monaten erkämpften Demokratie. Ägypten
wird Ende November mit Parlamentswahlen folgen, Libyen im nächsten
Jahr. Tunesien und Ägypten haben beim Aufbau von Zivilgesellschaften
bereits einiges erreicht. Libyen, Syrien, Saudi-Arabien oder Jemen
dagegen stehen noch ganz am Anfang. Und je länger die euphorischen
Tage der Revolution zurückliegen, desto klarer wird den neuen
arabischen Bürgern, wie jahrzehntelang, mühsam und anstrengend der
Weg in offene, liberale Gesellschaften noch werden wird. Die Chancen
aber waren noch nie so groß wie heute.
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