PresseKat - Perfluorierte Tenside – keine rechtsverbindlichen Grenzwerte für Abwasser und Klärschlamm

Perfluorierte Tenside – keine rechtsverbindlichen Grenzwerte für Abwasser und Klärschlamm

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Schon 2006 war eine potenzielle Gefährdung der Bevölkerung durch Perfluorierte Tenside (PFT) Thema in Medien und Politik. Anlass waren erhöhte Konzentrationen von PFT, die in Möhne und Ruhr und im Trinkwasser ihrer Einzugsgebiete in Nordrhein-Westfalen nachgewiesen wurden. Quelle der Belastungen waren verunreinigte Klärschlämme, die landwirtschaftlich ausgebracht wurden.

(firmenpresse) - Zur Ermittlung der Belastungssituation werden seit 2006 in allen Bundesländern Untersuchungen von Gewässern, Abwasser und Klärschlämmen vorgenommen.
Dennoch gibt es aktuell keine bundesweite Verordnung, welche die maximale Konzentration der PFT in diesen Medien regelt. Auch die zum 1.11.2011 überarbeitete Trinkwasserverordnung regelt nicht zu PFT. Die Festsetzung von Grenzwerten erfolgt somit zu Lasten der auf Rechtsicherheit angewiesenen Unternehmen in Bundesländern und Kommunen individuell.

Vielfältiger Einsatz bei hoher Persistenz

In der Industrie dienen perfluorierte Tenside seit ca. 60 Jahren als Prozesshilfsmittel in zahlreichen Herstellungsprozessen. Sie sind auch Zwischen- oder Abbauprodukte bei der Herstellung bestimmter Fluorverbindungen. Es handelt sich um Chemikalien mit einzigartigen grenzflächenaktiven Eigenschaften, die zudem chemikalien- und hitzebeständig sind. Die beiden wichtigsten Vertreter sind Perfluoroctansulfonate (PFOS) und Perfluoroctansäure (PFOA).
Ab 2008 sind eine Verwendung und ein Inverkehrbringen von PFOS durch eine EU-Richtlinie weitgehend unterbunden. Ausnahmeregelungen wurden für einige Anwendungen wie fotographische Beschichtungen, Verchromungsverfahren und Hydraulikflüssigkeiten getroffen.
Da PFT chemisch außerordentlich stabil sind, ist diese Stoffgruppe heute bereits weltweit in der Umwelt nachweisbar.

Toxikologische Bewertung

Die akute Toxizität von PFOS und PFOA ist laut einer Stellungnahme des Bundesamtes für Risikobewertung (BfR) vom 11.09.2008 als gering einzustufen. Der kritische Punkt in der toxikologischen Bewertung besteht im langen Verbleib der Stoffe in Organismen. Im Tierversuch mit Säugetieren besitzen sie krebserregende und reproduktionstoxische Eigenschaften. Noch besteht aber Unsicherheit darüber, inwiefern diese Ergebnisse auf den menschlichen Organismus übertragbar sind.
Die Risikobewertung des BfR kam zu dem Ergebnis, dass ein gesundheitliches Risiko durch die Aufnahme von PFT-belasteten Lebensmitteln nach derzeitigem Kenntnisstand unwahrscheinlich ist.




Keine rechtsverbindlichen Grenzwerte in Deutschland

Die Trinkwasserkommission des Umweltbundesamtes (UBA) empfahl 2006 einen in Trinkwasser lebenslang duldbaren Leitwert von 0,3 µg PFOS und PFOA pro Liter. Aus Vorsorgegründen ist es demnach zu vermeiden, dass PFT ins Grund- oder Trinkwasser gelangen.
Für Klärschlämme und Abwasser gibt es bis heute jedoch keine bundesweit rechtsverbindlichen Grenzwerte. Die UMR GmbH befragte daher im April dieses Jahres die Umweltministerien aller Bundesländer, um die jeweilige Handhabung in Erfahrung zu bringen.
Nach einer Empfehlung des BMU wird in den meisten Bundesländern für die Bewertung von Klärschlamm der Grenzwert von 100 µg PFT pro kg Trockensubstanz herangezogen. Ab diesem Wert steigt das Risiko für die Auswaschung der PFT aus den Böden und die Verlagerung in Richtung Grundwasser. Bei einer Überschreitung wird eine landwirtschaftliche oder landbauliche Verwertung untersagt.
Landesspezifische Grenzwerte für Abwässer existieren zumeist nicht. Nur die Ministerien in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen geben Empfehlungen für Gehalte im Ablauf von Kläranlagen. In Ermangelung einer gesetzlichen Grundlage wurde der für Trinkwasser errechnete Leitwert von 0,3 µg PFT/l für Einleitungen in Gewässer übernommen. In NRW dient der Wert zudem der Bewertung von Abwassereinleitungen durch Direkteinleiter (Gewässer) und selbst für Indirekteinleiter (Kanalisation)!
Dieser Wert stellt eine Orientierungshilfe dar. Bei einer Überschreitung muss der Verursacher emissionsmindernde Maßnahmen ergreifen, welche eine Abwasseraufbereitung (Aktivkohlefilter, Ionentauscher), einen effizienteren Einsatz der Chemikalien oder auch deren gänzliche Substitution beinhalten.
Allerdings ist es fraglich, ob Trinkwasserleitwerte für den langfristig ungefährlichen Genuss als Maßstab für Abwasserqualitäten herangezogen werden können. Unzweifelhaft wäre – bei einer Ableitung nach Trinkwasserstandards – das Ergreifen von Maßnahmen bei Konzentrationen von über 5,0 µg PFT/l Abwasser. Dies entspricht dem von der Trinkwasserkommission vorgegebenen Wert für Sofortmaßnahmen zur Absenkung der PFT-Aufnahme.

Verbot und Emissionsminderung – Risiko bleibt

Eine unmittelbare Reduktion der Emissionen ist, wie auch den Ministerien bekannt ist, für Indirekteinleiter nicht möglich. Häufig sind lange Testphasen und Reinigungsmaßnahmen erforderlich, da PFT sehr lange an Oberflächen von Behältnissen und Rohren anhaften. Demzufolge kann der Austrag auch durch die Substitution der Stoffe nicht gestoppt werden, da mit dem Produktionsabwasser noch ein sukzessiver Austrag aus alten Schadstoffsenken stattfindet.
Im Einzelfall können sich – auch in Abhängigkeit vom Abwasserstrom des Betriebs – höhere Werte als zulässig erweisen, solange eine deutliche Minderung der Emission feststellbar ist.

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Die UMR ist eine Umweltunternehmensberatung, die sich darauf spezialisiert hat, interdisziplinäre Themen aus dem Umweltsektor zu analysieren, zu bewerten und gutachterlich darzustellen. Neben Mergers & Acquisitions als Kernkompetenz werden auch umwelttechnische Stellungnahmen wie zum Beispiel zur Bewertung von PFT-Einleitungen vorgenommen.



Leseranfragen:

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Datum: 07.11.2011 - 16:51 Uhr
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