(ots) - Berlin - Olaf Tschimpke hat die Präsidentenwahl des
NABU erneut mit großer Zustimmung für sich entschieden. Die
NABU-Delegierten bestätigten ihn am Samstagabend auf der
Bundesvertreterversammlung im Roten Rathaus in Berlin mit großer
Mehrheit für vier weitere Jahre als Präsident von Deutschlands
mitgliederstärkstem Umweltverband. Der 55-jährige Diplom-Geograf ist
seit 2003 Chef des NABU und war zuvor 18 Jahre Landesgeschäftsführer
und Vorsitzender des NABU Niedersachen. Die mehr als 250 Delegierten
bestätigten ebenfalls das Präsidium in seiner bisherigen
Konstellation.
Angesichts der eingeleiteten Energiewende und den damit
zusammenhängenden Herausforderungen an die deutsche Energiepolitik
plädierte Tschimpke für eine Stärkung des Natur- und Klimaschutzes.
"Wir brauchen ein cleveres Energiesystem, das im Einklang mit den
klimapolitischen Erfordernissen umgebaut wird und dabei nicht den
Natur- und Artenschutz unterläuft", betonte Tschimpke. Die deutsche
Energiepolitik müsse nachhaltig und verlässlich am künftigen Bedarf
und an ihrer ökologischen Verträglichkeit neu ausgerichtet werden.
Eine erfolgreiche Energiewende sei nur möglich, wenn sie künftig
besser koordiniert und verständlich kommuniziert werde, unterstrich
der NABU-Präsident. Es könne nicht sein, dass dieses
'Gemeinschaftsprojekt' von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft im
Dauerstreit zwischen den Bundesministerien zerfasere. Daher sollte
ein Lenkungsausschuss auf Ebene der Staatssekretäre am besten direkt
beim Kanzleramt angesiedelt werden. Es reiche nicht aus, wenn das
Monitoring für den Atomausstieg in die Hände einer kleinen
Expertengruppe gelegt wird, deren Unabhängigkeit bereits in Zweifel
steht. "Aufbauend auf den Vorschlägen der Ethik-Kommission brauchen
wir eine breite gesellschaftliche und parlamentarische Beteiligung
bei den Fragen zur weiteren Ausgestaltung und Umsetzung der
Energiewende", forderte Tschimpke.
Mit Nachdruck appellierte der NABU-Präsident an Bund und Länder,
bei unvermeidbaren Eingriffen in den Naturhaushalt für anspruchsvolle
Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu sorgen. Als Kernstück des
Naturschutzes in Deutschland müsse die Eingriffsregelung dringend
gestärkt und nicht etwa aufgeweicht werden. "Jeder Bau eines
Gewerbegebiets, eines Windparks oder einer Straße ist eine
Beschneidung wertvoller Fläche, die der Natur genommen wird. Nach dem
Verursacherprinzip müssen solche Eingriffe mit realen
Naturschutzmaßnahmen ausgeglichen werden. Ein 'Ablasshandel' durch
Geldersatzzahlungen darf nicht gefördert werden", forderte Tschimpke.
Tschimpke forderte zudem Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner
auf, den Vorschlag der EU-Kommission zur Agrarreform als Chance für
den ländlichen Raum zu nutzen und die Umweltauflagen zu verbessern,
statt sie zu verwässern. So gelte es, die ökologischen Vorrangflächen
gegen die anhaltende Polemik der Agrarlobby zu verteidigen. Mit der
verpflichtenden Schaffung einer "ökologischen Infrastruktur" in der
Agrarlandschaft könne ein dringend erforderlicher Beitrag zum Stopp
des Artensterbens sowie zum Schutz von Gewässern, Böden und Klima
geleistet werden.
In Anbetracht des weltweiten Bevölkerungswachstums und des
steigenden Bedarfs an Lebensmitteln, Trinkwasser, Rohstoffen und
Energie, riefen die NABU-Bundesvertreter dazu auf, verbindliche
Einsparziele zur Reduzierung des absoluten Verbrauchs natürlicher
Ressourcen durchzusetzen. In Vorbereitung des Rio+20 Gipfels der
Vereinten Nationen müsse sich die EU das Ziel setzen, den jährlichen
Materialverbrauch in Europa von derzeit 16 Tonnen pro Kopf auf das
global gerechte Maß von sechs Tonnen pro Kopf im Jahr 2050 zu senken.
Scharfe Kritik gab es auch an der Novelle des
Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Die Bundesregierung müsse endlich den
klaren Vorrang für ein hochwertiges Recycling vor der Verbrennung von
Abfällen durchsetzen, um damit die Ressourceneffizienz und
Rohstoffsicherung in Deutschland deutlich zu erhöhen. Weiterhin
forderten die NABU-Bundesvertreter von der Bundesregierung, ihre
Blockade einer ambitionierten EU-Richtlinie zur Energieeffizienz
aufzugeben und einen umfassenden Markt für
Energieeinspar-Dienstleistungen zu schaffen.
Die NABU-Delegierten verlangten in einer Resolution die
ökologische Ausrichtung von Bundeswasserstraßen wie Elbe und Donau.
Die Bundeswasserstraßenverwaltung müsse die Umgestaltung im Sinne der
EU-Wasserrahmenrichtlinie als oberste Priorität sehen, um einem
ökologische Hochwasserschutz sowie den Anforderungen von
Vogelschutzrichtlinien gerecht zu werden. Dafür sei eine frühzeitige
Einbeziehung der Naturschutzverbände in alle Planungen und
Überlegungen zur Gestaltung und Entwicklung der Bundeswasserstraßen
und ihrer Auen sowie Maßnahmen des Hochwasserschutzes nötig. In einer
Resolution des gastgebenden NABU-Landesverbandes forderten die
Delegierten den Berliner Senat auf, das sogenannte "Grüne Berlin"
nicht nur als Marke für Werbezwecke zu missbrauchen, sondern endlich
auch etwas für den Werterhalt dieses Images zu tun. Das heißt auch,
die Behörden mit den entsprechenden finanziellen und personellen
Mitteln auszustatten, damit selbsterwählte Auflagen erfüllt werden
können, namentlich die Biodiversitätsstrategie, die Vorgaben, die
sich aus NATURA 2000 ergeben, sowie die Ausweisung von
Schutzgebieten.
Pressefotos zur NABU-Bundesvertreterversammlung können unter
http://www.nabu.de/presse/fotos/#praesidium heruntergeladen werden.
Pressekontakt:
Karin Deckenbach, NABU-Pressesprecherin, Tel. 030-284984-1510, mobil
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