(ots) - Zerbrochenes Porzellan
Der russische Bär bleibt unberechenbar, er bäumt sich plötzlich
auf und zeigt seine Pranken. Präsident Dmitri Medwedew droht den USA
mit der Aufstellung atomwaffenfähiger Raketen in der Exklave
Kaliningrad, falls die Amerikaner an ihren Plänen für einen
Raketenabwehrschild festhalten. Diese Haltung des Kremls ist zwar
nicht neu, wirkt aber in ihrer Schärfe überraschend.
Vorausgegangen war freilich die Ankündigung der USA und 14
weiterer NATO-Staaten, Moskau ab sofort nicht mehr über Bewaffnung
und Stationierung ihrer konventionellen Streitkräfte zu informieren.
Damit wäre der KSE-Abrüstungsvertrag, den Russland vor vier Jahren
einseitig aussetzte, endgültig erledigt. Der Schritt der NATO-Staaten
hat wiederum eine Vorgeschichte: Vor zwei Tagen begründete Medwedew
den 2008 geführten Kriegseinsatz gegen Georgien erstmals damit, eine
"fest geplante NATO-Erweiterung" zu verhindern.
Droht eine neue Eiszeit zwischen Moskau und der Nordatlantischen
Allianz? Nein. Dafür sind Russland und der Westen wirtschaftlich zu
stark voneinander abhängig. Vielmehr soll das Messerwetzen des Kremls
die russischen Wähler beeindrucken. Ein altbewährter Trick, wenn die
Regierungspartei Stimmen fangen will. Vor den Parlamentswahlen in
zehn Tagen zeigt sich der schwache Präsident als Hardliner, will er
doch 2012 Premier werden. Gleichwohl: Das nun zerbrochene Porzellan
lässt sich so schnell nicht kitten.
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