(ots) - Reporter ohne Grenzen (ROG) ist bestürzt über den
Tod des aserbaidschanischen Journalisten Rafik Tagi. Der Mitarbeiter
der Zeitung "Sanat" starb am 23. November an den Folgen eines
Messerangriffs durch einen Unbekannten in Baku vier Tage zuvor. Der
Journalist galt als Kritiker von religiösem Fanatismus und eines
radikalen Islam sowie der iranischen Regierung und der
aserbaidschanisch-iranischen Beziehungen.
ROG fordert die Einleitung sorgfältiger Ermittlungen: "In
Anbetracht jüngster Artikel des Zeitungsjournalisten und früherer
juristischer Verfahren gegen Tagi fordern wir die Ermittler auf,
Hinweisen zu einem möglichen Zusammenhang zwischen dem Angriff und
der journalistischen Arbeit des Opfers ernsthaft nachzugehen",
erklärte ROG.
Auch der Sprecher des aserbaidschanischen Presserates zog in
Erwägung, dass die Attacke eine Reaktion auf Publikationen von Tagis
sein könnte. Zuletzt kritisierte Tagi in einem Artikel für eine
lokale Website am 10. November das Regime im Iran. Er warf Präsident
Mahmud Ahmadinedschad vor, den Islam zu diskreditieren und eine
Bedrohung für die zivilisierte Welt zu sein.
Der Angriff auf den Journalisten ereignete sich in der Nacht des
19. Novembers auf dessen Heimweg. Der Täter stach Tagi dreimal in den
Rücken und drei weitere Male in den Unterleib. Trotz der schweren
Verletzungen gelang es Tagi noch, seine Wohnung zu erreichen und
einen Krankenwagen zu rufen. Nach zwei Operationen verstarb er
gestern in einem Krankenhaus in Baku. Die Ermittlungen in dem
Mordfall liegen beim Generalstaatsanwaltschaft und dem
Innenministerium.
Wegen seiner Publikationen erlitt Tagi bereits in früheren Jahren
Repressionen und erhielt Drohungen. Anstoß nahmen zum Beispiel
iranische konservativ-religiöse Kreise an einem Artikel mit dem Titel
"Europa und wir". Infolgedessen verhängte ein iranischer Ajatollah am
25. November 2006 wegen "Beleidigung des Islams und des Propheten
Mohammed" eine Fatwa gegen den Journalisten. In dem islamischen
Rechtsgutachten wurde die Todesstrafe für Tagi verlangt.
In dem umstrittenen Artikel vertrat Tagi unter anderem die
Meinung, dass Aserbaidschan sich eher nach Europa als nach Asien hin
ausrichten solle. Der Fortschritt des Landes sei dem Einfluss
humanistischer und universeller Werte zu verdanken, wie sie in Europa
verbreitet seien. Der Islam habe auf diesem Kontinent deswegen nicht
Fuß fassen können, argumentierte Tagi. Der Journalist hatte in dem
Artikel ferner einige Äußerungen des Propheten Mohammed als aggressiv
bewertet.
In seiner Heimat hatte der Artikel für Tagi juristische Folgen: Am
15. November 2006 wurde der Journalist festgenommen. Im Mai 2007
wurde Tagi zu drei Jahren Gefängnis wegen "Anstachelung religiösen
Hasses" verurteilt. Nach der Begnadigung durch den Präsidenten
gelangte Tagi im Dezember 2007 wieder in Freiheit.
Tagi hinterlässt eine Frau und drei Kinder. Die deutsche Sektion
von ROG unterstützt die Familie.
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