(ots) - Blinde und Einäugige
Angela Merkel kleidet Haushaltspolitik gerne in einprägsame
Sprachbilder, das der schwäbischen Hausfrau zum Beispiel: Für
Solidität bekannt, gibt diese nie mehr Geld aus, als sie einnimmt.
Für schlechte Zeiten legt sie Notgroschen beiseite. Eine schöne
Geschichte über eine wichtige Tugend, Sparsamkeit. Schade nur, dass
in der Politik immer wieder anders gehandelt als geredet wird. Der
Bundeshaushalt 2012 ist ein neues Beispiel dafür.
Um bis zu 26 Milliarden Euro darf die Bundesregierung im kommenden
Jahr die Schulden in die Höhe treiben. Statt zu sparen, bürdet der
Bund künftigen Generationen weitere schwere Lasten auf. Dabei ist der
Bogen längst überspannt. Die Staatsverschuldung summiert sich auf
mehr als 2000 Milliarden Euro, über 80 Prozent der
Wirtschaftsleistung, eine kritische, nach EU-Kriterien unzulässige
Höhe.
Umso mehr erstaunt, dass Finanzminister Wolfgang Schäuble die
Bundesrepublik einen Stabilitätsanker nennt, nur weil andere
EU-Staaten noch deutlich schlechter dastehen. Treffender wäre es zu
sagen: Unter den Blinden ist der Einäugige König. Auf lange Sicht
kann es so nicht weitergehen. Denn je länger die Etat-Konsolidierung
auf sich warten lässt und je mehr Risiken Deutschland im Zusammenhang
mit der Schuldenkrise im Euro-Raum eingeht, desto größer ist die
Gefahr, dass die Finanzmärkte auch das Vertrauen in die
Bundesrepublik verlieren. Dem gilt es vorzubeugen.
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