(ots) - Mit ihren Erwartungen liegen die Marktteilnehmer
des Öfteren gründlich daneben. In dieser Woche haben sie aber ein
gutes Gespür gezeigt, als sie auf kurz bevorstehende
Krisenbekämpfungsmaßnahmen setzten. Dennoch waren die Märkte gestern
verblüfft, wie die deutlichen Kurssteigerungen an den Aktienmärkten
zeigen.
Denn mit ihrem Paukenschlag der global koordinierten Verbilligung
der den Banken zur Verfügung gestellten Dollarliquidität haben die
Währungshüter ein sehr starkes Signal gesetzt, das die Erwartungen
der Märkte übertroffen hat. Sie haben nun die Gewissheit, dass die
Notenbanken wie schon währendder Subprime- und Lehman-Brothers-Krise
entschlossen sind, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um zu
verhindern, dass die Staatsschulden- und Bankenkrise in eine
Katastrophe mündet. Ihre Bereitschaft und Fähigkeit, entschlossen an
einem Strang zu ziehen, steht überdies in Kontrast zum Eindruck der
Uneinigkeit und eingeschränkten Handlungsfähigkeit, den die
Regierungen des Euroraums derzeit hinterlassen.
Die koordinierte Aktion war aber auch bitter nötig. Es ist gut
möglich, dass sie sogar von einer bedrohlichen Liquiditätslage bei
einem großen Haus veranlasst wurde, wie gestern spekuliert wurde.
Aber auch unabhängig davon ist es fünf vor zwölf. Die
Euro-Regierungen brauchen bis zu einer tragfähigen Krisenlösung noch
Zeit - Zeit, die sie aber nicht mehr haben. Trotz Bondkäufen der
Europäischen Zentralbank (EZB) unaufhaltsam steigende
Staatsanleihezinsen in der Euro-Peripherie, zunehmende
Refinanzierungsprobleme im Bankensektor, eine nicht abebbende Welle
an Bonitätsherabstufungen für Staaten und Banken etc. - das alles
zeigt, dass eine Abwärtsspirale in Gang gekommen ist. Wird die
Entwicklung nicht aufgehalten, wird sich die Krise noch
verschlimmern.
Aus diesem Grund wäre Entwarnung auch völlig verfehlt. Wie die
Staatsanleihekäufe der EZB und die Hilfsprogramme für in Not geratene
Staaten löst auch die neue Liquiditätshilfe der Notenbanken nicht die
Probleme, sondern kuriert lediglich Symptome, d.h. die durch die
Schuldenkrise ausgelösten Anspannungen im Geldmarkt bzw.
Schwierigkeiten der Banken bei der Refinanzierung in Dollar. Soll der
gestrige Paukenschlag nicht letztlich wirkungslos verpuffen, müssen
in absehbarer Zeit auch Signale folgen, dass den Euro-Regierungen
eine nachhaltige Lösung der Schuldenkrise gelingt. Nur so kann das
unverzichtbare Vertrauen der Finanzmärkte in die Staatsfinanzen
wieder hergestellt werden.
(Börsen-Zeitung, 1.12.2011)
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