(ots) - Ein echter Schmidt
Späte Lieben können feurig sein. Zu besichtigen bei der SPD. Vor
28 Jahren fügten die Genossen ihrem Kanzler Helmut Schmidt bei der
Abstimmung über seine Sicherheitspolitik eine derart verheerende
Niederlage zu, dass es ihn das Amt kostete. Heute jubeln die
Sozialdemokraten ihm zu und seufzen: Ach, wäre er doch 50 Jahre
jünger!
In der Tat zeigte sich Schmidt in bester Kanzler-Form. Dem
92-Jährigen gelang es wie selten einem Politiker zuvor, Leidenschaft
für Europa zu wecken und historische Zusammenhänge zu erklären.
Schmidt kennt den latenten Argwohn der Nachbarn gegen ein zu starkes
Deutschland, warnt zu Recht vor machtpolitischer Verführung. Seine
lange politische Erfahrung verleiht seinen Aussagen eine Echtheit und
Intensität, die außer ihm wohl nur noch ein Helmut Kohl erreichen
kann.
Allerdings: Die alten Staatenlenker sind vom Klein-Klein des
aktuellen Tagesgeschäfts befreit. Da lässt es sich leicht die großen
Linien ziehen. Den aktuellen Vordenkern der SPD bleibt das akute
Krisenmanagement. Die Partei jedenfalls ist erkennbar gefestigt, das
Flügelschlagen der Linken bei Steuern und Renten gehört zum Ritual.
Die Parteispitze wird alles vermeiden, was das Bild der
Geschlossenheit stören könnte. Klar ist: Ein Spitzensteuersatz von 50
Prozent plus x würde bürgerliche Wähler eklatant verschrecken. Die
zweijährige Aufbauarbeit von Parteichef Sigmar Gabriel wäre wieder
ruiniert.
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