(ots) - Bonn, 5. Dezember 2011. Bei einer Pressekonferenz am
Tag der Internationalen Afghanistan-Konferenz in Bonn haben zehn
afghanische Frauenrechtsaktivistinnen Sorgen über die Zukunft der
Frauen in ihrem Land geäußert:
"Die Weltpolitik trifft sich in Deutschland, um über die Zukunft
von Afghanistan zu sprechen", sagt Samira Hamidi, Länderdirektorin
des Afghan Women's Network (AWN). Während Themen wie Abzugsdaten und
Truppenstärken verhandelt werden, betont Hamidi: "Frauenrechte sind
nicht verhandelbar. Wir werden es nicht akzeptieren, dass sich unser
Land in die Vergangenheit zurückbewegt und uns die Freiheit und
Beteiligung genommen werden. Wir sind mit Vorschlägen nach Bonn
gereist, wie das verhindert werden kann."
Die zehn Vertreterinnen von AWN sind in Bonn, um der afghanischen
Regierung und der internationalen Gemeinschaft Empfehlungen zu geben,
welche Rolle Frauen für ein stabiles und demokratisches Afghanistan
über 2014 hinaus spielen sollten. Ihre Reise ist der Höhepunkt von
einem Jahr voller Beratungen und Anwaltschaftsarbeit, bei der
tausende afghanische Frauen über Versöhnung, Reintegration, Übergang
und das internationale Engagement nach 2014 befragt wurden. Die
Botschaft ist klar: Frauen müssen in Entscheidungsprozesse, die
Frieden und Sicherheit betreffen, maßgeblich miteingebunden sein, um
ihre Rechte zu sichern. Die zehn Delegierten von AWN treffen in Bonn
mit Vertretern von Regierungsdelegationen, zivilgesellschaftlichen
Partnern und der Öffentlichkeit, um ihre Botschaft zu überbringen.
Kerzenwachen und öffentliche Kampagnen quer durch Europa haben das
Afghan Women's Network bei diesem Vorhaben unterstützt: "Es ist
unglaublich inspirierend zu wissen, dass es überall so viele
Gleichgesinnte gibt, die sich für Frauenrechte einsetzen und dafür,
dass diese in Afghanistan eingehalten werden", so Asila Wardak,
Generaldirektorin für Menschenrechte und internationale Frauenbelange
im afghanischen Außenministerium. Auch politische Entscheidungsträger
unterstützen die Belange von AWN: Im Rahmen ihres kurzen Aufenthaltes
werden mehrere Gespräche mit Regierungsvertretern durchgeführt.
Seit der ersten Afghanistan-Konferenz auf dem Bonner Petersberg im
Jahre 2001 haben Frauen unermüdlich für die Zurückerlangung ihrer
Rechte gekämpft, die ihnen während vieler Jahre Unterdrückung und
Konflikt verwehrt blieben. Die AWN-Delegation in Bonn ist Ausdruck
ihres Erfolges. Unter den zehn Delegierten sind Gründerinnen und
Leiterinnen zivilgesellschaftlicher Organisationen, Politikerinnen,
Aktivistinnen und Journalistinnen.
"Unsere Forderungen sind einfach, aber leider schwer greifbar",
betont Mary Akrami, die Leiterin des Afghanischen Zentrums für
Frauentraining AWSDC. "Denken Sie an Frauenrechte. Schließen Sie
diese in Ihre Planungen ein. Bewerten Sie Ihre Erfolge an dieser
Messlatte. Das ist sehr einfach. Und trotzdem kämpfen wir seit Jahren
darum, dass diese einfachen Prinzipien in der Praxis umgesetzt
werden."
Die Frauen haben eine Reihe von Empfehlungen mit nach Bonn
gebracht, von praktischen Möglichkeiten der Miteinbeziehung von
Frauen im Friedensprozess über ihre Prioritäten für zukünftige
internationale Hilfe bis zu Vorschlägen zur Kooperation mit den
Nachbarländern. Aber sie haben auch Sorgen im Gepäck: "Bis jetzt
haben wir sehr wenig Sicherheit dafür, dass die Rechte afghanischer
Frauen nicht für einen politischen Kompromiss zur Konfliktlösung
geopfert werden. Unser Recht, zur Schule zu gehen oder vor einem
Gericht zu klagen, wird nicht garantiert - jedenfalls nicht, wenn man
sich die bisherigen Pläne zum Friedensprozess anschaut. Was bedeutet
Frieden, wenn sich nur 50 Prozent der Bevölkerung sicher fühlen? Das
ist kein Frieden", warnt Mahbouba Seraj, eine Frauenrechtsaktivistin
und Mitglied der Bonner AWN-Delegation.
Gleichzeitig ist die Sorge groß, dass internationale Hilfe für
Frauenprogramme mit dem Rückzug der NATO-Truppen auch verringert
wird. "Wenn das passiert", so Jennifer Rowell von CARE Afghanistan,
einer Partnerorganisation von AWN, "dann sind die eindrucksvollen
Gewinne afghanischer Frauen ohne Zweifel in Gefahr. Diese
Fortschritte müssen jetzt in Stein gemeißelt werden und als Fundament
für die Zukunft genutzt werden. "
Über AWN: AWN ist ein überparteiliches Netzwerk von Frauen und
Frauen-Nichtregierungsorganisationen, das sich für die Stärkung
afghanischer Frauen und für ihre gleichberechtigte Teilhabe in der
Gesellschaft einsetzt. AWN unterstützt seine Mitglieder durch
Partnerschaften und Anwaltschaftsarbeit. Derzeit sind in dem Netzwerk
70 Nichtregierungsorganisationen und über 3.000 individuelle
Mitglieder in Afghanistan und in Pakistan organisiert.
Über CARE: CARE wurde 1945 gegründet, um Hunger und Not im
Nachkriegseuropa mit über 100 Millionen CARE-Paketen zu lindern. In
Afghanistan arbeitet CARE seit 1961 und konzentriert sich auf die
Bereiche Bildung und Einkommen, besonders für den weiblichen Teil der
Bevölkerung. Im Jahr 2011 hat CARE 750.000 Frauen und Mädchen im
ganzen Land erreicht.
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Sabine Wilke
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