(ots) - Branche kann für Dienstleistungen, Verfahren und
Anlagen weltweiter Vorreiter werden. Die Zukunft der chemischen
Industrie in Sachsen-Anhalt und Mitteldeutschland soll stärker von
der Nutzung heimischer Rohstoffe bestimmt werden. Mit zwei Projekten
zur Verwertung der heimischen Braunkohle und von nachwachsenden
Rohstoffen, die nicht der Ernährung dienen, greift die Branche Themen
auf, die in der Bundesrepublik noch nicht etabliert sind. Darauf
verwies Christoph Mühlhaus, Gründungs-Sprecher des Clusters
Chemie/Kunststoffe Mitteldeutschland und Geschäftsführer a. D. der
Dow Olefinverbund GmbH, am Montag beim Besuch von Christoph Bergner,
Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium und
Beauftragter der Bundesregierung für die Neuen Länder in Leuna.
Bergner wurden in Leuna Projekte vorgestellt, mit der die Nutzung
heimischer Rohstoffe vorangetrieben werden soll.
"Die Braunkohle in Mitteldeutschland eignet sich aufgrund Ihrer
Inhaltsstoffe - einem Gemisch aus diversen organischen Verbindungen -
hervorragend für eine stoffliche Nutzung", sagte Andreas Hiltermann,
Geschäftsführer der InfraLeuna GmbH und Sprecher des Clusters
Chemie/Kunststoffe für Chemieparks und nachwachsende Rohstoffe. Es
biete sich daher an, diese als Rohstoffe für die chemische Industrie
zu gewinnen. Neben einer höheren Wertschöpfung und der Chance auf
zusätzliches Wachstum und Beschäftigung werde dadurch eine
nachhaltige Sicherung der chemischen Industrie in Mitteldeutschland
möglich, erklärte Hiltermann.
Die sich daraus ergebenden Chancen werden von dem Projekt
"Innovative Braunkohlen Integration in Mitteldeutschland" (ibi)
bearbeitet. Das Thema "stoffliche Verwertung von Braunkohle" ist in
das 2,5 Milliarden Euro teure Energieforschungsprogramm der
Bundesregierung aufgenommen worden. Vorgesehen ist nach ibi-Aussagen,
dass eine großtechnische Demonstrations-Anlage, voraussichtlich in
Leuna, errichtet wird. "Mitteldeutschland hat so die Chance, weltweit
zum Vorreiter für Dienstleistungen, Verfahren und Anlagen für eine
zukunftsweisende stoffliche Nutzung der Braunkohle zu werden", heißt
es bei ibi.
Eine weitere wichtige Zukunftsstrategie stellt der Länder und
Branchen übergreifende Cluster "BioEconomy" dar, in dem der Cluster
Chemie/Kunststoffe Mitteldeutschland ein wichtiger Partner ist. Als
Cluster werden Zusammenschlüsse von Unternehmen,
Forschungseinrichtungen und anderen Organisationen bezeichnet, die
ihre Forschungs- und Entwicklungsfähigkeiten in einem bestimmten
Bereich bündeln und Synergien nutzen. Sie erleichtern und
beschleunigen dadurch die Umsetzung von Forschungsergebnissen in neue
Produkte. Der Cluster "BioEconomy" weist solche neuen Wege der
Zusammenarbeit in der Region zur nachhaltigen Nutzung von
nachwachsenden Rohstoffen auf. Damit beteiligt er sich am gegenwärtig
laufenden dritten Spitzencluster-Wettbewerb des Bundesministeriums
für Bildung und Forschung. Kernthema des Clusters ist die
nachhaltige, integrierte stoffliche und energetische Nutzung von
Non-Food-Biomasse, insbesondere Buchenholz für die
Industrieproduktion. Flankiert von Dienstleistungsanbietern,
Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus allen relevanten
Bereichen, bildet der Cluster "BioEconomy" erstmals Innovations- und
Wertschöpfungsketten der BioÖkonomie in großem Umfang
branchenübergreifend ab. Er trage damit entscheidend dazu bei, diesen
zukunftsträchtigen Wirtschaftsbereich nachhaltig zu entwickeln und
darin eine weltweite Führungsposition zu erarbeiten. Hervorgehoben
wurde, dass sich der angestrebte Spitzencluster "BioEconomy" auch in
die übergeordnete BioÖkonomie-Strategie der Bundesregierung und der
EU einfügt.
Nach Angaben des Clusters werden dabei zwei übergeordnete Ziele
verfolgt: Die Wertschöpfung von Non-Food Biomasse mit dem Schwerpunkt
Holz zur Erzeugung von Chemikalien, Werkstoffen, neuen Materialien
und Energieträgern wird nachhaltig maximiert. Die Innovation von
Prozessen und Anlagen vom Labor- bis zum Demonstrationsmaßstab wird
beschleunigt.
Der Cluster verbindet dabei die für die BioÖkonomie relevanten
Industriebereiche wie die chemische Industrie, die Kunststoff- und
kunststoffverarbeitende Industrie, die Holz- und Zellstoffindustrie,
die Land- und Forstwirtschaft sowie den Maschinen- und Anlagenbau in
Mitteldeutschland. Ein Kern des Clusters "BioEconomy" wird das
Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse CBP in
Leuna werden, das die Lücke zwischen Labor und industrieller
Umsetzung innovativer Verfahren schließen soll. Es soll im Sommer
kommenden Jahres in Betrieb gehen.
"Das CBP ist ein herausragendes Beispiel dafür, was in Deutschland
erreicht werden kann, wenn drei Bundesministerien, ein Bundesland und
über 30 Unternehmen und Forschungseinrichtungen gemeinsam ein Ziel
verfolgen", sagte Markus Wolperdinger von der Linde Engineering
Dresden GmbH, einem der Kernpartner in der Entwicklung des CBP und
Generalunternehmer für Technologie bei der gegenwärtig laufenden
Realisierung des CBP. Staatssekretär Bergner ermunterte die
Chemie-Manager und Wissenschaftler, diese neuen Wege zügig weiter zu
gehen. "Kooperationen und Clusterbildung sind überall sinnvoll. Aber
in Ostdeutschland stellen sie eine überlebenswichtige Strategie dar,
um die sich aus der kleinteiligen Wirtschaftsstruktur in den neuen
Ländern ergebenden Nachteile zu überwinden", sagte er. Der
Strukturwandel in der ostdeutschen Industrie sei dort am
erfolgreichsten, wo an alte Traditionen angeknüpft werden könne,
erklärte Bergner mit dem Blick auf die jahrzehntelange Geschichte
mitteldeutscher Chemiestandorte.
Bergner bezeichnete den Ansatz des Clusters BioÖkonomie, der sich
im dritten Spitzencluster-Wettbewerb des Bundes befindet, in dem es
auch um großzügige Fördermillionen geht, als aussichtsreich. Als
Beauftragter für die neuen Länder drücke er dem Cluster für die
letzte Wettbewerbsrunde zwar die Daumen, könne aber den Ausgang des
Wettbewerbs nicht vorher sehen, räumte er ein. Die Entscheidung fällt
im Januar.
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