(ots) - Die russische Naturschutzorganisation
NABU-Kavkaz und die Ornithologische Abteilung des Umweltverbandes
"Dront" führten mit finanzieller und fachlicher Unterstützung des
NABU in der südrussischen Republik Kalmykien Untersuchungen zum
Vogeltod an Stromleitungen durch. Dabei dokumentierten sie in den
vergangenen zwei Monaten mindestens 543 Todesfälle, von denen die
Hälfte gefährdeten Arten wie Adlerbussard, Mönchsgeier, Sakerfalke,
Steppen- und Kaiseradler angehört. Die erhobenen Daten dienen dem
NABU nun als Grundlage für ein Projekt zur Entschärfung von
Mittelspannungsmasten in Kalmykien. Unterstützt wird der Verband
durch das kalmykische Umweltministerium, NABU-Kavkaz und "Dront".
"Die Zahlen, die vermutlich weitaus höher sind, da viele tote
Vögel von Wildtieren aufgefressen und nicht gefunden werden, zeigen
die schwerwiegenden Verluste, die die Natur in dieser Region
erleidet. In Kalmykien kreuzen sich wichtige Zugwege von Vögeln, die
in anderen Gebieten Russlands sowie Ländern Mittalasiens und der EU
nisten oder überwintern", sagt NABU-Vizepräsident und Vorsitzender
der NABU International Naturschutzstiftung Thomas Tennhardt.
"Der Grund für die hohe Vogelsterblichkeit an den oberirdischen
Stromleitungen Kalmykiens liegt in der fatalen Konstruktion der
tragenden Freileitungsmasten", erklärt der Leiter des
NABU-Kaukasusprogramms Vitalij Kovalev. In den weitläufigen
Steppenebenen der Republik seien die Masten der Stromleitungen meist
die einzigen Stellen, die den Vögeln eine Hochsitzgelegenheit für
Jagdposten oder Nist- und Raststätten böten. "Die Mastbauweise
zeichnet sich durch nicht isolierte Leitungen aus, die auf kurzen
Mastauslegern befestigt werden. Berühren die auf den Auslegern
ruhenden Vögel mit einem Körperteil die Leitungen, erleiden sie einen
Stromschlag, der sie tödlich verletzt. Oft erliegen die Vögel ihren
Verletzungen erst nach qualvollen Stunden", so Kovalev.
Für Vögel gefährlich seien vor allem die Mittelspannungsleitungen,
deren Netz in Kalmykien insgesamt eine Länge von 14.000 Kilometern
aufweist. Während ihrer Expeditionen untersuchten die Experten 62
Abschnitte dieser Leitungen auf insgesamt etwa 250 Kilometern. Die
dabei von ihnen erfassten Stromtodopfer gehörten insgesamt 30
unterschiedlichen Vogelarten an, wobei der Anteil großer und
mittelgroßer Greifvogelarten mit 65 Prozent im Vergleich zu anderen
Regionen Russlands besonders hoch war.
Die Stromnetzbetreiber in Kalmykien kennen dieses Problem, das
sich in den letzten zwei Jahrzehnten verschärft hat, seit Längerem
und versuchten bereits Maßnahmen gegen den Vogelstromtod zu
ergreifen. An den untersuchten Stromleitungsabschnitten stellten die
Experten eine Vielzahl unterschiedlicher Schutzmaßnahmen fest.
Meistens handelte es sich um einfache Vergrämungseinrichtungen, die
sich als wenig effektiv erwiesen. "Die russische Gesetzgebung und der
heutige Stand der Technik ermöglichen inzwischen viel effektivere
Schutzmaßnahmen für Vögel", sagt Kovalev. Die Kosten dafür würden
zudem um ein Vielfaches niedriger eingeschätzt als die Kosten, die
der Natur und den Netzwerkbetreibern durch den Vogelstromtod und die
damit verbundenen Kurzschlüsse entstehen.
Auf der vergangene Woche in Norwegen geendeten
Vertragsstaatenkonferenz der Convention on Migratory Species ("Bonner
Konvention") stimmten die Delegierten unter anderem über Richtlinien
ab, die die Kollisionen und den Stromtod von Vögeln an
Leitungsdrähten wirksam und grenzüberschreitend verhindern sollen.
Staaten, die das internationale Abkommen zum Schutz wandernder
Tierarten unterzeichnet haben, stehen in der Pflicht wirksame
Maßnahmen zu ergreifen, um die dort vereinbarten Schutzziele zu
erreichen.
Originaltext vom NABU
Pressekontakt:
Vitalij Kovalev, stellv. Leiter Internationales und Leiter des
NABU-Kaukasusprogrammes, Tel. 030-284984-1701,
Vitalij.Kovalev(at)NABU.de