(ots) - Die einen sprechen von einem "Endspiel", andere vom
"Schicksalstag". Tatsächlich geht es heute beim Brüsseler
Gipfeltreffen um viel: unser Geld, unsere Wirtschaft, unser Europa.
Nach dem schier endlosen Verwirrspiel um Rettungsschirme und
Ratingagenturen steht mehr als der Euro auf dem Spiel. Es geht
mittlerweile auch um die europäische Idee. Selbst die Kanzlerin hatte
in dieser Woche im Bundestag einräumen müssen, dass die Politik
angesichts der Eurokrise das Vertrauen der Bevölkerung verloren hat.
Europa - dieser Begriff stand lange Zeit für eine bizarre Bürokratie
und wird nun immer mehr gleichgesetzt mit Chaos, Pleite, Niedergang.
Trotz der zweifellos dramatischen Situation der gemeinsamen
Währung dürfen wir uns nicht im Stolz auf das bisher Erreichte
beirren lassen, denn die EU steht in ihrem Wesenskern für Frieden,
Solidarität, Toleranz. Diese Werte sind unbezahlbar. Diese EU ist
"unser Europa". Sie ist nicht durch militärische Eroberungen
entstanden, sondern durch die Kraft der Vernunft und den Willen zum
Frieden. Angela Merkel hat das Krisenmanagement bislang immerhin
unfallfrei bewältigt. Deshalb muss man nicht tönen, in Europa würde
jetzt endlich "Deutsch gesprochen". Solch steile Prosa steht uns
nicht zu.
Nach der Apokalypse des zweiten Weltkriegs hatte Winston Churchill
als Erster gewagt, von den "Vereinigten Staaten Europas" zu sprechen.
1947 war das nur ein schöner Traum. Von der "Europäischen
Gemeinschaft für Kohle und Stahl", der Montanunion, bis zur heutigen
Gemeinschaft gleichberechtigter EU-Staaten ist die Nachkriegs-Utopie
endlich Wirklichkeit geworden. Diese Idee von Europa müsste jeden
Stresstest überstehen.
Es wäre ein falsches Signal, wenn die Brüsseler Spitzenpolitiker
unter allen Umständen Volksabstimmungen über die Europafrage
verhindern wollten. Denn das einfachste und zugleich edelste Gesetz
der Demokratie lautet: ein Mensch, eine Stimme. Eben, weil die EU
eine Gemeinschaft von Bürgern und nicht von Bürokraten ist, muss sie
Mut haben, sich jedem Referendum zu stellen.
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