(ots) - Das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) hat
Deutschland aufgefordert, sein politisches Gewicht konsequent dafür
einzusetzen, hohe Standards im Europäischen Asylsystem durchzusetzen.
Dessen Fortentwicklung und Umsetzung in Recht und Praxis sei die
zentrale Herausforderung der kommenden Jahre, heißt es in einem
Grundsatzpapier von UNHCR Deutschland, das heute in Berlin
veröffentlicht wurde.
UNHCR unterstützt die derzeit verhandelten Reformvorschläge der
EU-Kommission im Bereich Asyl und Flüchtlingsschutz, bei denen es im
Kern darum geht, alle im europäischen Asylsystem beteiligten Staaten
auf ein vergleichbares, hohes Schutzniveauzu zu führen. "Deutschland
spielt eine Schlüsselrolle bei den Verhandlungen. Sein Leitmotiv
sollte dabei sein, dem Schutzgedanken der Genfer
Flüchtlingskonvention zu bestmöglicher Wirksamkeit in der
Europäischen Union zu verhelfen", so Michael Lindenbauer,
UNHCR-Vertreter für Deutschland und Österreich.
Das UNHCR-Grundsatzpapier bildet den Abschluss einer Reihe von
Aktivitäten und Veranstaltungen zum Thema "60 Jahre Genfer
Flüchtlingskonvention". Es bescheinigt dem nationalen deutschen
Asylsystem eine "positive Entwicklung" mit Blick auf "Wahrnehmung und
Anwendung" der Genfer Flüchtlingskonvention, zum Beispiel bei der
Anerkennung nichtstaatlicher Verfolgung. Gleichzeitig weist das
Papier aber auch auf eine Reihe von Punkten hin, in denen "das
deutsche Asylsystem verbesserungsfähig und -würdig" sei.
So sollten aus Sicht von UNHCR die Einschränkungen der
Bewegungsfreiheit von Schutzsuchenden "großzügig" und "ohne den
Aufbau bürokratischer Hürden aufgehoben werden". Zudem spricht sich
UNHCR dafür aus, das überaus komplexe Asylverfahrensrecht in
Deutschland aus Gründen der Transparenz und Nachvollziehbarkeit für
die Betroffenen zu verschlanken. Eine kostenlose, qualifizierte
Verfahrensberatung vor der Durchführung der Asyl-Anhörung könne zur
Qualität und Effizienz des Verfahrens substantiell beitragen, wird in
dem Papier hervorgehoben.
Dringenden Handlungsbedarf sieht UNHCR bei der Durchführung des
sogenannten Dublin-Verfahrens in Deutschland, in dem entschieden
wird, welches Land für die Prüfung eines Asylantrages zuständig ist.
So sei es notwendig, von der bisher geltenden Gesetzeslage
abzurücken, nach dem ein einstweiliger Rechtsschutz gegen die
Überstellung in ein anderes Land ausdrücklich ausgeschlossen sei.
Auch aus der Europäischen Menschenrechtskonvention ergebe sich, dass
ein Zugang zum einstweiligen Rechtsschutz vorhanden sein müsse.
Mit Blick auf die Situation unbegleiteter Minderjähriger spricht
sich UNHCR erneut dafür aus, die verfahrensrechtliche
Handlungsfähigkeit von derzeit 16 auf 18 Jahre heraufzusetzen.
Hierfür spreche die Verpflichtung zur vorrangigen Berücksichtigung
des Kindeswohls. Grundsätzlich, so UNHCR, solle das
Flughafenverfahren wie auch eine Zurückweisung an der Grenze nicht
auf unbegleitete Minderjährige angewandt werden.
Ein zentrales Anliegen von UNHCR war es in den letzten Jahren, ein
wichtiges Instrument des internationalen Flüchtlingsschutzes auch in
Deutschland einzuführen. Ein entsprechender Beschluss wurde Freitag
letzter Woche von der Innenministerkonferenz gefasst: Zukünftig wird
Deutschland Aufnahmeplätze (zunächst 900 innerhalb von drei Jahren)
zur Neuansiedlung besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge aus
Erstzufluchtsländern und damit am globalen UNHCR-Resettlement
Programm teilnehmen.
Lindenbauer: "Dies ist zum Abschluß von diesem Gedenkjahr ein
wichtiger, konkreter Beitrag für den internationalen
Flüchtlingsschutz: Flüchtlinge erhalten individuell eine dauerhafte
Perspektive und deren Erstaufnahmeländer ein Zeichen der
Solidarität".
Das UNHCR-Papier "60 Jahre Genfer Flüchtlingskonvention.
Herausforderungen für die deutsche Flüchtlingspolitik" ist auf der
Webseite von UNHCR-Deutschland abrufbar unter http://ots.de/WjNb2
Pressekontakt:
Für Rückfragen steht Ihnen die UNHCR-Presseabteilung gerne zur
Verfügung. Stefan Telöken via Email: teloken(at)unhcr.org oder
telefonisch unter 030 202 202 10.