(ots) - EU-Kommission legt Vorschlag zur Minderung von
Fahrzeuggeräuschen vor - DUH nennt Entwurf "halbherzig" und fordert
angesichts Millionen vom Straßenlärm betroffener Bürgerinnen und
Bürger strengere Grenzwerte - Kommunen müssen beim Kampf gegen
Fahrzeuggeräusche unterstützt werden - Richtlinienüberarbeitung auch
zur Festlegung eines verbesserten Typprüfzyklus nutzen
Der in der vergangenen Woche veröffentlichte Entwurf einer neuen
EU-Fahrzeuglärmrichtlinie schöpft heute bereits vorhandene
Möglichkeiten zur technischen Lärmreduzierung nicht aus. Die Deutsche
Umwelthilfe e.V. (DUH) begrüßte zwar grundsätzlich die erste
Überarbeitung der Lärmrichtlinie seit zwanzig Jahren, kritisierte den
Vorschlag der EU-Kommission jedoch gleichzeitig als halbherzig. Die
Umweltschutzorganisation forderte die Bundesregierung auf, sich im
Zuge der noch andauernden Verhandlungen über den Vorschlag für einen
"ambitionierten, wirksamen und zeitgemäßen Lärmschutz" einzusetzen.
Verkehrslärm ist das am weitesten verbreitete Umweltproblem in der
EU. Allein in Deutschland sind 13 Millionen Bürgerinnen und Bürger
von gesundheitsschädlichem Straßenverkehrslärm in ihrem Wohnumfeld
betroffen - europaweit sind es sogar 200 Millionen Menschen. Der
Vorschlag der EU-Kommission zur Verschärfung der Grenzwerte für
Lärmemissionen von Fahrzeugen kam erst nach jahrelangen Verzögerungen
zustande. Die Richtlinie sieht nun über einen Zeitraum von fünf
Jahren nach Inkrafttreten eine Lärmreduzierung für Pkw in zwei Stufen
vor. Bis voraussichtlich 2013/14 muss die Geräuschentwicklung um zwei
Dezibel gesenkt werden, drei Jahre später noch einmal um zwei weitere
Dezibel. Unter Berücksichtigung der ebenfalls im Zuge der Revision
geplanten Verbesserung der Typprüfungsmessmethode dürfen neue
Fahrzeugtypen ab 2017 nur noch 68 dB(A) emittieren.
"Der Kommissionsvorschlag sollte zur Grundlage haben, was heute
technisch möglich ist. Sonst führt er sich - angesichts der Dimension
des Lärmproblems - schon vor seinem Inkrafttreten selbst ad
absurdum", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Bereits
heute erreicht ein Viertel der europäischen Neufahrzeuge den für 2017
vorgesehenen Grenzwert. Das Nachsehen hätten die von Verkehrslärm
betroffenen Millionen Bürgerinnen und Bürger, die weiterhin dem
Straßenlärm ausgesetzt blieben, aber auch Städte und Gemeinden, die
alternative Lärmschutzmaßnahmen vornehmen und bezahlen müssten.
Das Bundesverkehrsministerium selbst hatte 2009 in seinem
nationalen Verkehrslärmschutzpaket Minderungsziele festgelegt. Danach
sollte der Straßenverkehrslärm bis 2020 um 30 Prozent bzw. 5 Dezibel
in hochbelasteten Gebieten sinken. Dies ist nach Angaben des
Ministeriums nur möglich, wenn strenge Grenzwerte für Fahrzeuge
gelten. Die Reduktion von Lärm an der Quelle ist unstrittig die
kostengünstigste und effizienteste Möglichkeit, um dem Problem Lärm
zu begegnen. Die DUH sieht deshalb vor allem die Automobilbranche in
der Pflicht, die notfalls mit Hilfe entsprechender Verordnungen zum
Bau leiserer Fahrzeuge gezwungen werden müsse. Ergänzende Maßnahmen
wie Lärmschutzwände, -fenster oder Ähnliches können nach Überzeugung
der DUH nur als Notmaßnahmen helfen, um kurzfristig Abhilfe vor
Verkehrslärm an vielbefahrenen Straßen zu schaffen. Die Kosten
hierfür trügen die chronisch klammen Kommunen.
"Mit dem derzeit verhandelten Kommissionsvorschlag würden die
deutschen Minderungsziele klar verfehlt", erläuterte Dorothee Saar,
die Leiterin Verkehr und Luftreinhaltung bei der DUH. Sie forderte
die Bundesregierung auf, sich im Sinne ihrer eigenen Ziele zum
Lärmschutz von 2009 in die EU-Debatte einzuschalten und auch auf
einen straffen Zeitplan zu achten. Saar erinnerte daran, dass die
Bundesregierung sich im Vorfeld der EU-Lärmschutzdebatte sogar für
eine Erhöhung der Lärmgrenzwerte für übermotorisierte Pkw eingesetzt
hatte. Sie warnte die Regierung in Berlin, "sich beim Lärmschutz
erneut zum Handlanger der PS-Fraktion unter den Autoherstellern zu
machen".
Die Revision der Fahrzeuglärmrichtlinie wird neben der Einführung
neuer Grenzwerte auch für eine Überarbeitung der Prüfvorgaben für die
Typzulassung genutzt. Dabei verweist die Kommission in ihrem
vorliegenden Vorschlag für die neue Messmethode auf, nach Überzeugung
der DUH unzureichende, Vereinbarungen hin, die in einer
vorbereitenden Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen in Genf getroffen
worden waren. "Wir fordern alle Beteiligten auf, jetzt auch die
Chance für eine wirkliche Verbesserung des Typprüfzyklus für
Geräusche zu nutzen", sagte Resch. Nur so könne sichergestellt
werden, dass die bestehenden Schlupflöcher gestopft und eine
realitätsnahe Typprüfung für die Zukunft entwickelt werde. Auf dem
Prüfstand gemessene Lärmreduktionen müssten eins zu eins auch auf der
Straße ankommen.
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer Deutsche Umwelthilfe e.V.
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin
Tel.: 030 2400867-0, Mobil: 0171 3649170, E-Mail: resch(at)duh.de
Dorothee Saar, Leiterin Verkehr und Luftreinhaltung
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin
Tel.: 030 240086772, Mobil: 01511 6225862, E-Mail: saar(at)duh.de
Daniel Eckold, Pressesprecher, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin
Tel.: 0302400867-22, Mobil: 0151 55017009, E-Mail: eckold(at)duh.de