(ots) - Deutliches Zeichen
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit skandierten die französischen
Revolutionäre einst. Die historische Parole gilt auch heute noch als
Wahlspruch der französischen Republik. Davon merken jedoch vor allem
die sozial benachteiligten Bürger zwischen Calais und Toulouse
bisweilen nicht viel. Gestern allerdings demonstrierte ein Pariser
Gericht, dass vor dem Gesetz eben doch alle Menschen gleich sind.
Auch ein ehemaliger Staatspräsident. Prompt sorgt das Urteil für
Furore.
Mit Jacques Chirac musste sich erstmals ein Ex-Staatsoberhaupt vor
Gericht verantworten. Schon darin sahen seine Anhänger einen Affront.
Und jetzt erhält der 79-Jährige auch noch eine zweijährige
Bewährungsstrafe. Die wirft nun einen langen Schatten auf Chiracs
ohnehin nicht immer rühmliche Polit-Karriere, in der
Vetternwirtschaft und Korruption auf höchster Ebene gang und gäbe
waren, ja sogar als Kavaliersdelikte betrachtet wurden.
Mit dem Urteil setzt die Justiz ein deutliches Zeichen: Erstens
pocht die Gerichtsbarkeit auf ihre Unabhängigkeit. Gerade in
Frankreich wird immer wieder die Einflussnahme der Regierung auf
Richter und Staatsanwälte kritisiert. Zweitens geht die Demokratie
gestärkt aus dem Fall hervor, was sicher all die Politikverdrossenen
zu schätzen wissen.
Chirac kann sich indes nicht beklagen, hatte er doch an die
politische und moralische Verantwortung des Richters appelliert.
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