(ots) - Freitag, 6. Januar 2012, 17.05 Uhr
Reich und obdachlos
1. Schlaflos in Berlin
Film von Karlo Malmedie und Birgit Tanner
Kein Geld, kein warmer und sicherer Schlafplatz, keine
Krankenversicherung: Mindestens 11 000 Menschen sind nach Schätzungen
von Wohlfahrtsorganisationen alleine in Berlin obdachlos. Ursache
hierfür ist oft Arbeitslosigkeit verbunden mit persönlichen
Katastrophen: Scheidung, Krankheit, Alkoholismus oder der Verlust
eines Familienmitglieds haben die Betroffenen komplett aus der Bahn
geworfen, sie leben "ganz unten" auf der Straße oder in
Notunterkünften.
Fünf freiwillige "Seitenwechsler" haben sich aufgemacht, diese
Welt kennenzulernen. In ihrem "behüteten" Alltag begegneten sie
bisher nur selten Armut, Obdachlosigkeit war für sie nie ein Thema.
Das ZDF hat sie bei diesem ungewöhnlichen Perspektivwechsel neun Tage
lang begleitet, mit zehn Kamerateams fast rund um die Uhr. Das Format
eröffnet dabei einen neuen Zugang zu der sozialen Wirklichkeit in
Deutschland.
Ohne Kreditkarte, ohne Handy, ohne Laptop, ohne jeglichen Komfort:
Die ersten drei Tage schlagen sich die Freiwilligen alleine durch -
dokumentiert im ersten Teil der Serie mit dem Titel "Schlaflos in
Berlin". Weitere drei Tage verbringen sie gemeinsam mit "erfahrenen"
Obdachlosen, die ihnen zeigen, wie man auf Dauer auf der Straße
überleben kann. Schließlich schlafen und leben sie zusammen mit
Berliner Wohnungslosen in Notunterkünften.
Die Wohlhabenden wollen erfahren, was es bedeutet, arm zu sein,
jeder von ihnen mit einem ganz persönlichen Motiv. Ivar Niederberger
(41) aus Basel hat es aus kleinen Verhältnissen zum Multimillionär
geschafft. Er will zeigen, dass niemand mittellos auf der Straße
leben muss. Sein Ziel: jeden Tag so viel Geld erbetteln, dass er sich
für die Nacht ein Hotelzimmer leisten kann.
Die Kunstliebhaberin Frida Kappich (50) aus Hamburg dagegen sucht
eine neue Herausforderung. Sie will ihre Grenzen austesten, erfahren,
wie es ist, am Rande der Gesellschaft zu leben. So auch der in einem
Schloss behütet aufgewachsene Stephan Graf Bentzel Sturmfeder-Horneck
(36) aus Bamberg. Er hat Armut noch nie am eigenen Leib erfahren.
Auch nicht der Unternehmer Ralph Anderl (38) aus Berlin. Der
Brillenhersteller ist dauernd in der ganzen Welt unterwegs. Immer
online, immer erreichbar. Das will er jetzt neun Tage lang ändern,
genauso wie der Facharzt Dr. Bernhard Hoppe (39) aus München, der für
neun Tage seine Frau und drei Kinder verlässt, um das Leben auf der
Straße kennenzulernen. Ihm geht es vor allem darum zu verstehen,
warum Menschen in so einem reichen Land wie Deutschland in die
Obdachlosigkeit abrutschen können.
Begleitet werden die Seitenwechsler von zwei Kennern der
Obdachlosenszene Berlins. Asgard Niemeyer und Guido Fahrendholz
arbeiten seit Jahren mit wohnungslosen Menschen, sie kennen das Leben
in der oft rauen Obdachlosenszene und auch die Probleme, die auf die
"Freiwilligen" zukommen werden.
1. Schlaflos in Berlin
In den ersten drei Tagen schlagen sich die "Freiwilligen" auf
eigene Faust durch. Ein sicherer Schlafplatz, ausreichend Geld oder
eine Dusche am Morgen - ganz alltägliche Dinge - werden zu einem
Kraftakt. Sie erleben materielle Armut und soziale Kälte. Denn auf
der Straße ist nichts selbstverständlich. Die Suche nach einem warmen
und trockenen Schlafplatz wird zur Herausforderung. Ivar Niederberger
macht in Kreuzberg kein Auge zu, Frida Kappich zieht es in
Berlin-Mitte zu einer Parkbank am Wasser, und der Berlin Unternehmer
Ralph Anderl lernt jetzt seine Stadt von einer ganz anderen Seite
kennen. Ein Schlafplatz im Stadtteil Lichtenberg inmitten von
Plattenbauten - für ihn eine schaurige Vorstellung.
Doch Schlafen ist nicht das einzige Problem. Die fünf müssen auch
an Geld kommen, um sich Essen und eine Zahnbürste zu kaufen. Arbeit
zu finden ist aber schwierig. Kaum jemand gibt den obdachlosen
Tagelöhnern einen Job, betteln ist für sie eine große Überwindung.
Die abfälligen Blicke der Passanten hinterlassen tiefe Spuren. Die
fünf Wohlhabenden stoßen schon am ersten Tag an ihre Grenzen.
Samstag, 7. Januar 2012, 17.45 Uhr
Reich und obdachlos
2. Bettelbekanntschaften
Film von Karlo Malmedie und Birgit Tanner
Drei Tage haben die fünf "Freiwilligen" aus Deutschland und der
Schweiz auf den Straßen Berlins in der Obdachlosigkeit bereits hinter
sich. Ivar Niederberger schlägt sich mit einer Bettelmasche durch und
verdient viel Geld, die anderen leben von der Hand in den Mund. Doch
jetzt brechen andere Zeiten für die Seitenwechsler an. In den
nächsten drei Tagen begleiten sie Menschen, die obdachlos sind oder
waren. Zwei Welten prallen aufeinander.
Dr. Bernhard Hoppe lernt von seinem Begleiter Chang die Tricks der
Obdachlosen. Wie kommt man an Geld, wo kann man sich kostenlos Essen
besorgen, und wo findet man einen halbwegs sicheren Schlafplatz? Graf
Stephan muss arbeiten gehen. Sein Weggefährte Heinz lebt seit mehr
als 20 Jahren im Obdachlosenmilieu, betteln kommt für ihn nicht
infrage. Er verdient sein Geld mit ehrlicher Arbeit, verkauft eine
Obdachlosenzeitung und weiht Graf Stephan in seine
Geschäftsgeheimnisse ein.
Ralph Anderl macht Bekanntschaft mit Klaus und Mecki. Die beiden
Obdachlosen sind unzertrennlich, fühlen sich nur gemeinsam wohl, und
sie haben Ansprüche. Ihr reicher Weggefährte sollte mit ihnen gern
mal "einen trinken" und nichts gegen Raucher haben. Alles Dinge, die
Ralph persönlich nicht gefallen. Denn seine letzte Zigarette hat er
vor Jahren geraucht, und Alkohol ist für ihn vollkommen tabu.
Frida Kappich, die einzige Frau unter den "Freiwilligen", trifft
auf Viola. Die hat lange Zeit auf der Straße gelebt und jetzt eine
Notunterkunft gefunden. Ihr Ziel sei es, wieder ein vollkommen
normales Leben zu führen, erzählt Viola. Frida will ihr dabei helfen,
doch so einfach ist das nicht, denn beide haben sehr unterschiedliche
Vorstellungen vom Weg zurück in bürgerliche Leben.
Sonntag, 8. Januar 2012, 17.45 Uhr
Reich und obdachlos
3. Nullsternebett
Film von Karlo Malmedie und Birgit Tanner
Die letzte Phase für die fünf "Freiwilligen" bricht an. Nachdem
sie die letzten Tage meist auf der Straße gelebt und geschlafen
haben, ziehen sie jetzt für drei Tage in Berlins Notunterkünfte. Von
ihren Betreuern Asgard Niemeyer und Guido Fahrendholz bekommen sie
nur Adressen. Finden müssen sie ihr Notbett selbst.
Vor allem Ivar Niederberger tut sich schwer. Im "echten" Leben
fährt er Bentley oder Porsche, jetzt ist er mit den öffentlichen
Verkehrsmitteln unterwegs. Von Berlin kennt er bisher nur Kreuzberg
und die Gegend um den den Ku´damm. Dort hat er die letzten Tage
verbracht. Jetzt führt ihn sein Weg nach Niederschöneweide am Rand
der Stadt in eine kleine Notunterkunft, doch so hat sich der
Unternehmer sein Quartier nicht vorgestellt.
Auch Frida Kappich hofft auf ein warmes Bett in einer gemütlichen
Einrichtung. In der größten Notunterkunft Berlins bekommt sie zwar
einen Schlafplatz im Extrazimmer für Frauen. Doch es ist ein kahler
Raum mit dünnen Matratzen auf dem Boden und einer Decke. Das sei der
Standard, den die Notübernachtung bieten kann, erklärt man ihr. Wohl
fühlt sich Frida Kappich hier nicht.
Graf Stephan dagegen ist glücklich in seiner Notunterkunft am
Prenzlauer Berg. Sein Bett steht zwar in einem Schlafsaal, aber der
Graf ist froh, dass er auf einer echten Matratze hier die Nächte
verbringen kann.
Dr. Bernhard Hoppe findet eine ausklappbare Liege im Gemeinderaum
einer Kirchengemeinde. Dort wird er herzlich aufgenommen und findet
neue Freunde. Vor allem das Schicksal eines Mannes in der
Notunterkunft hat es ihm angetan. Peter, ein älterer Obdachloser, der
angeblich aufgrund der Wirren der Bürokratie keine Rente bezieht und
so in die Obdachlosigkeit abrutschte. Doch nichts ist wie es scheint.
Die Männerfreundschaft nimmt eine überraschende Wendung.
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