(ots) - Die wahren Europäer
Es scheint, als hätten die Esten mit ihrem Beitritt zur Euro-Zone
Anfang 2011 eine Fahrkarte auf der Titanic gelöst. Kaum an Bord,
müssen sie fürchten, mit in die Tiefe gerissen zu werden. Vor allem
Deutschland und Frankreich haben gedrängt, die Sanktionsmechanismen
des Euro-Stabilitätssystems aufzuweichen. Das ist politisch
Interessierten in Estland und anderen kleinen Euro-Ländern nicht
entgangen. Ihre Enttäuschung über die Selbstherrlichkeit und
zunehmende Dominanz Deutschlands und Frankreichs überrascht nicht.
Ebenso ihre Fassungslosigkeit angesichts der Proteste von
Besitzstandswahrern im hoch verschuldeten Griechenland.
Die Esten, die 2007 beigetretenen Slowenen und die 2009
dazugestoßenen Slowaken haben gelernt, dass ihre Stimmen in der EU
kaum gehört werden. So dürfte es in Berlin und Paris nur wenige
interessieren, dass sich der estnische Finanzminister Jürgen Ligi
gegen die Drohung der Ratingagentur Standard & Poor's auflehnt, bei
einem Fortschreiten der Schuldenkrise die gesamte
Währungsgemeinschaft abzuwerten. Der Staat mit der geringsten
Verschuldung in der Euro-Zone, der seiner Bevölkerung größte Opfer
abverlangt, um vom Euro-Club akzeptiert zu werden, soll mit
Griechenland in Sippenhaft? Ein Hohn. Dennoch glauben die Menschen in
Estland weiter an den Euro und halten sich an die Regeln, während
andere das Gegenteil tun. Das macht die Esten zu den wahren
Europäern.
Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion
Telefon: +49(0)541/310 207