(ots) - Seit Dezember wussten die Europäer, dass die
Ratingagentur Standard & Poor's die Kreditwürdigkeit der Euro-Staaten
prüft. Wer die Entwicklung in der Schuldenkrise verfolgt, ahnte,
welche Schlüsse die Bonitätswächter ziehen würden. S&P nun zum
Sündenbock zu machen, würde zu kurz greifen. Zwar ziehen
Ratingagenturen berechtigte Kritik auf sich: Sie sahen die
Finanzkrise nicht voraus und bewerteten Griechenland zu rosig. S&P
hatte im November fälschlicherweise mitgeteilt, Frankreichs
Kreditwürdigkeit zu senken. Vertrauenerweckend war das alles nicht.
Doch das heißt nicht, dass die Agenturen stets falsch liegen. Ihre
Analyse der verfahrenen Lage im Euro-Raum benennt treffend und für
Politiker schmerzhaft die Probleme: zu hohe Schulden, ein sorgloser
Umgang mit Steuergeldern, großes wirtschaftliches Gefälle in einem
Währungsraum, in dem jedes Land praktisch ungestraft das machen
konnte, was es wollte. Allerdings ist die Finanzwelt mittlerweile
stark von den Urteilen der Agenturen abhängig, in deren Hände die
Branche die Bewertungen von Kreditrisiken auslagerte. So erhielten
Standard & Poor's und Co. zu viel Deutungsmacht.
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