PresseKat - Robert Serban erscheint mit deutschsprachigem Gedichtband "Home Cinema"

Robert Serban erscheint mit deutschsprachigem Gedichtband "Home Cinema"

ID: 56323

Interview mit dem rumÀnischen Dichter von Ciprian Marinescu

Nachdem sieben europĂ€ische LĂ€nder seine Dichtungen in ihre Sprache ĂŒbersetzt haben (darunter auch ins weltweite Englisch), erhĂ€lt Robert Serban nun ein deutsches “Visum” fĂŒr sein “Cinema la mine-acasă” („Home Cinema”), ein in RumĂ€nien ĂŒberaus geschĂ€tzter Gedichtband.
Mit UnterstĂŒtzung des RumĂ€nischen Kulturinstitutes wird der Pop Verlag, Ludwigsburg, die deutsche Übersetzung 2009 herausgeben. Robert Serban, der Verfasser von neun Gedicht-, Interview-, Prosa- und MemorialistikbĂ€nden, arbeitet u.a. als Journalist. Und als Produzent einer TV- Kultursendung in RumĂ€nien hĂ€lt er sich seit Jahren an der Spitze.
Der Journalist Ciprian Marinescu hat den Schriftsteller, der im tĂ€glichen Beruf Verlagschef des Brumar Verlags aus Temesvar (RO) ist, getroffen, ihn ein wenig „beleuchtet“ und seine PlĂ€ne hinterfragt ...

(firmenpresse) - Im nĂ€chsten Jahr wird der Pop Verlag aus Ludwigsburg deinen in RumĂ€nien mehrfach preisgekrönten Gedichtband “Cinema la mine-acasă” in deutscher Sprache herausgeben. Beschreibe uns bitte dein „Home Cinema“, wĂ€hrend du gespannt auf die Übersetzung wartest.

Es ist wie im Kino alles in Bewegung, weil ich, solange ich mich kenne, in stĂ€ndiger Bewegung bin, eine innere und eine Ă€ußere Kinetik. Ich kann sie nicht auseinanderhalten, weil gerade an dem Tag, an dem ich diese Fragen beantworte, meine Tochter 18 Monate alt wird. Sie ist die jenige, die ein gewaltiges Tempo in mein Leben gebracht und die Vorrangigkeiten geĂ€ndert hat. Ein grosser Teil meiner Energie wird von Crina verschluckt, die wie jedes MĂ€dchen sehr an ihrem Vater hĂ€ngt. Wenn ich zuhause bin höre ich nur “Papi, Papi”, und Papi versucht, andere Sachen liegen zu lassen, um ihr Zeit und Aufmersamkeit zu schenken.

In diese Kinderwelt bin ich wieder eingedrungen und von ihr fasziniert. Auch wenn ich manchmal ein bisschen frustriert bin, weil ich nicht mehr so viel Zeit zum Schreiben oder Lesen habe. Jedoch empfinde ich diese Zeit als eine besondere, bereichernde Erfahrung.
Ich werde all diese Geschichten, die ich mit meiner Tochter erlebt habe, in meinen kommenden BĂŒchern schildern. Ich war und bin kein Literaturfanatiker und denke, dass beim Schreiben die QualitĂ€t zĂ€hlt und nicht die QuantitĂ€t.

Die Erscheinung meines Gedichtbands in Deutschland ist ein sehr besonderer Moment. Erstens sprechen wir von einer anderen Sprache, d.h. von einem anderen Leben. Ich weiss, dass die Dichtung kein besonderes Interesse findet und auch, dass ein Roman sowohl fĂŒr Leser als auch fĂŒr Kritiker viel verlockender klingt; aber es muss dazu gesagt werden, dass die StĂ€rke der rumĂ€nischen Literatur die Dichtung ist. Ich behaupte es ohne Hochmut: die rumĂ€nische Dichtung ist sehr wertvoll.

Der Pop Verlag fördert Dichtung von guter QualitĂ€t, hier sind erstklassige rumĂ€nische Dichter erschienen: Nichita Stanescu, Ioan Flora, Rodica Draghincescu, Ioana Nicolaie, Emilian Galaicu-Paun. Das ist eine Umgebung, die mir Ehre macht. Die Übersetzung des Bandes “Cinema la mine-acasă” erscheint mit UnterstĂŒtzung des RumĂ€nischen Kulturinstitutes, dessen BemĂŒhungen, in den letzten Jahren die rumĂ€nische Literatur im Ausland zu veröffentlichen, wirklich begrĂŒsst werden muss.





Deine Werke sind in DĂ€nisch, Schwedisch, HollĂ€ndisch, Serbisch, Englisch, Polnisch, Tschechisch und Slowakisch ĂŒbersetzt worden. Mit anderen Worten bist du einer der wenigen rumĂ€nischen Dichter, die es geschafft haben, einen so breiteten sprachlichen Raum zu erobern. Welche Chancen erhoffst du dir in all den LĂ€ndern, wohin deine Werke schon ĂŒbersetzt sind?

Jeder Fremde wird mit viel Neugier angesehen. Der Leser denkt sich: Lass’ mal sehen! Was will der denn? Was unterscheidet ihn von den anderen?
Hier kommt etwas dazwischen: der Übersetzer. Du kannst nicht wissen wie sehr oder wie wenig er dich verrĂ€t, wieviel von der WĂŒrze und der Kraft der rumĂ€nischen Sprache in der anderen Sprache rĂŒberkommt. Ich sehe also diese Erscheinungen mit einer gewissen Distanz, hoffe jedoch, dass sie die Aufmerksamkeit auf die rumĂ€nische Dichtung lenken werden.

Du hast sehr oft die Gelegenheit aus RumĂ€nien fort zu reisen, dank deiner Werkstipendien, der Einladungen fĂŒr Vorlesungen aus deinem Werk, und der internationalen Treffen, wohin du eingeladen bist. Auf welcher Weise fordert dich der Kontakt mit anderen Schriftstellern und ungewöhnlichen Orten in intellektueller, geistlicher und letztlich dichterischer Hinsicht heraus?

Jede Ausreise aus dem eigenem Umfeld ist eine Herausforderung. Jedes Treffen ist fĂŒr mich stimulierend. “Home Cinema” ist ein Buch, dass ich grĂ¶ĂŸtenteils in einem CafĂ© in der Österreichischen Kleinstadt Krems geschrieben habe. Der LĂ€rm, die Leute, die in einer Sprache sprachen, die ich nicht verstehen konnte, das stĂ€ndige Hin und Her haben mich stimuliert, genervt, inspiriert. Ich fĂŒhrte GesprĂ€che oder streitete mit ihnen, ohne dass sie es wussten: ich schrieb Verse.

Und daraus ist ein, so denke ich, gutes Buch mit Spannung entstanden. Die Literaturtreffen mit Schriftstellern oder mit den Lesern, bringen mich dazu, meine Handlungen und das Werk bewusster zu betrachten, mich im Spiegel anzuschauen.
So errinnere ich mich an mich, an den Schriftsteller, den ich darstelle, an die eigenen Strategien und “Waffen”. Manchmal mĂŒssen die Strategien geĂ€ndert und die „Waffen“ geschĂ€rft werden. Man muss aus seiner eigenen Haut entkommen, um das wahrzunehmen.

Du behauptest von dir, dass du ein Typ bist, der schwer schreibt. Worin liegen die Schwierigkeiten? An Inspiration, Alltagsunbequemlichkeiten, an der Ideenwiedergabe?

Um Literatur schreiben zu können, brauche ich einen speziellen Zustand, eine Art Trance, in die ich mich versetze. Ich muss von meinem aktiven Leben und von meinen Pflichten abschalten. Dann brauche ich wieder Zeit, um mich mit mir selbst erneut anzufreunden, meine entferntesten Kapillare, meine dunkelsten oder hellsten Gedanken zu erkennen.

Wenn ich schreibe, backe ich keine Pfannkuchen. Ich kann nicht meine Ärmel hochklappen und Wörter auf Papier schreiben. Es braucht ein Vorspiel, manchmal ein sehr langes, um qualitĂ€tsvolle Seiten herauszugeben. Es ist nicht einfach ...

Du bist nicht nur Dichter, sondern auch Schriftsteller, TV-Produzent, Kolumnist, Kunstkritiker, Verlagschef. Welche dieser IdentitÀten liegt dir eher am Herzen?

Ich liebe alles, was ich tue und mache alles mit Freude. Ich bin seit fast 10 Jahren in der TV-Branche, ich fĂŒhre die Regie fĂŒr meine eigene Kultur-Talk-Show, “A cincea roata” (“Das fĂŒnfte Rad”). Und immer noch nicht bin ich gelangweilt.
Ich schreibe seit sieben Jahren Leitartikel ĂŒber die Welt, in der ich lebe, einen, zwei, auch drei in einer Woche, und ich fĂŒhle, dass ich immer noch was zu sagen habe.
Im Verlag lese ich Manuskripte und entscheide, welche davon BĂŒcher werden. Es besteht die Chance, dass der Brumar Verlag auch im Ausland bekannt wird, nicht nur fĂŒr die QualitĂ€t sondern auch fĂŒr die Schönheit der herausgegebenen BĂŒcher.

Kunstkritiker bin ich nur gelegentlich, dann, wenn meine KĂŒnstlerfreunde mich zu einer Vernissage einladen. Die GesprĂ€che mit den “visuellen” KĂŒnstlern sind fĂŒr mich sehr stimulierend, weil ich mit einer anderen, direkteren Ausdrucksart kommuniziere, die erschĂŒtternder und sichtbarer ist. Ich glaube aber gleichzeitig, dass auch KĂŒnstler ĂŒberrascht sind zu sehen, wann und wie ihre Bilder in Worte und SĂ€tze umgesetzt werden.

Ich schreibe sehr selten Prosa, habe aber eine gewaltige Lust, das zu machen. Es gibt da einige Ideen, ich spiele mit dem Gedanken, einen Roman zu schreiben und habe mich sogar dafĂŒr dokumentiert.

Um auf die Frage zurĂŒckzukommen: In jedem von uns gibt es mehrere Gestaltungen, mehrere Talente, unheimlich viele WĂŒnsche. Die unterschiedlichen TĂ€tigkeiten helfen mir, mich selbst zu entdecken. Aber mein genauestes “Navigationssystem” bleibt wahrscheinlich die Dichtung.

Auf welcher Weise opponiert Robert Serban, der Journalist, gegen Robert Serban, den Schriftsteller? Und in wie fern wird er unterstĂŒtzt?

Beide Berufe stĂŒtzen sich auf Wörter. Sie sind Geschwister, aber können auch Halbschwestern werden. Der Journalismus ensteht aus der Wirklichkeit, wĂ€hrend die Literatur sich aus der Wirklichkeit inspiriert - wenn es sich nicht um Fiktion handelt.
Man sagt, ein Journalist sollte nichts von dem, was er hört, und nur die HÀlfte von dem, was er sieht, glauben, d.h., er soll immer misstrauisch sein. Ein Schriftsteller muss wie ein Schwamm sein, er muss alles aufsaugen - er soll nichts filtern.

Hier ist er, der Antagonismus! Ich habe mich langsam aus dem Pressewesen zurĂŒckgezogen, dort habe ich tĂ€glich mehrere Artikel, Recherchen, Reportagen, Interviews geschrieben, habe nach Schlagzeilen gesucht, bin wie verrĂŒckt hin und her gerannt. Ich habe einen großen Teil meiner Schreibenergie mit Sachen verbraucht, die am nĂ€chsten Tag zu alt waren. Sie verdarben. Es ist interessant, als Schriftsteller mit der Presse zu experimentieren, man soll aber nicht da stehen bleiben.

In wie fern definieren, Àndern, verwandeln dein gesellschaftlicher Background und deine eigene Biografie das Gedicht, das du schreibst?

Die Dichtung ist ein Land der absoluten Freiheit. Der, der sie schreibt, muss nicht an sein Alter, seine Ämter, an Verwandte oder Freunden denken. Er muss nicht fĂŒrchten: “Wenn das mein Chef sieht, wirft er mich raus.” Ich versuche, meine UnabhĂ€ngigkeit als Dichter zu erhalten. Ich versuche zu vergessen, dass ich Vater bin, dass eine Menge Leute mich vom Fernsehen her kennen, dass ich eine öffentliche Person bin. Wenn ich die Wörter auf dem Papier schreibe, möchte ich mich nicht selber reinlegen, ich versuche nur auf mich und auf meine Esthetikkriterien zu achten. Ich hoffe es wird was werden ....

Was glaubst du, wie muss die RĂŒstung eines Dichters in der heutigen Verbrauchergesellschaft sein?

Die Dichtung hat heute sehr wenige EmpfĂ€nger. Die Menschen sind in Eile, haben keine Zeit, Gedichte zu lesen. DafĂŒr braucht man Ruhe und nicht das BedĂŒrfnis, stĂ€ndig auf die Uhr zu gucken. Die Geschwindigkeit der Welt, in der wir leben, wĂ€chst leider stĂ€ndig.

Selbst dann, Dichter verschwinden nicht. Sie halten durch. Schwer zu sagen, was sie schĂŒtzt. Die RĂŒstung kann auch ein Hugo-Boss-Anzug, ein Sportanzug, eine Jeans oder kurze Hose sein. Jeder Dichter hat die RĂŒstung, die zu ihm passt. Viel wichtiger ist vielleicht die Etikette. Die gibt dir eine IdentitĂ€t, macht dich besonders. Mit Etikette meine ich den Stil, die Schreibart. Ich glaube, dass je dĂŒnner und weniger schĂŒtzend die RĂŒstung ist, um so krĂ€ftiger ist das Gedicht, das man schreibt.


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Bereitgestellt von Benutzer: bauer
Datum: 18.08.2008 - 15:36 Uhr
Sprache: Deutsch
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Ansprechpartner: Chris Rabe
Stadt:

Köln-Vettweiss


Telefon: 0049-2424-940427

Kategorie:

Literatur


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