(ots) - Reporter ohne Grenzen (ROG) verurteilt den
Brandanschlag auf eine oppositionelle Zeitung in der
südwestrussischen Region Perm. Bei dem Angriff wurden am Wochenende
Büros und die gesamte Infrastruktur der Wochenzeitung Wetschernij
Krasnokamsk zerstört. ROG ist besorgt über das Klima der
Einschüchterung, das solche Anschläge vor der Präsidentschaftswahl am
4. März verbreiten. In den vergangenen Wochen waren mehrere kritische
Journalisten in Russland entlassen worden.
ROG fordert die Polizei auf, den Anschlag so schnell wie möglich
aufzuklären und setzt dabei auf die Aufzeichnungen von
Überwachungskameras. Ein Unbekannter hatte am frühen Morgen des 28.
Januar in den Büros von Wetschernij Krasnokamsk ein Fenster
eingeschlagen und ein Molotow-Cocktail hinein geworfen. Innerhalb
kürzester Zeit brannte die Redaktion nieder, sämtliche Computer
wurden zerstört. Menschen kamen nicht zu Schaden.
Als Grund für den Anschlag vermutet Chefredakteurin Olga
Kolokolowa investigative Berichte ihrer Zeitung über Korruption, in
die das Bürgermeisteramt von Krasnokamsk verwickelt sei.
Bürgermeister Juri Tschetschetkin bestreitet dies. Den Schaden, der
Wetschernij Krasnokamsk durch den Anschlag entstanden ist, schätzt
Kolokolowa auf etwa 300.000 Rubel (ca. 7.500 Euro).
Chefredakteurin Kolokolowa leitet neben der Zeitung auch den
lokalen Verband der Oppositionspartei Jabloko. Die politische Lage im
Gebiet Perm ist angespannt, seit am 29. November ein lokaler
Jabloko-Politiker zusammengeschlagen wurde, der für die
Parlamentswahl Anfang Dezember kandidierte.
In den russischen Medien herrscht nach den Massenprotesten im
Dezember 2011 Aufbruchsstimmung. Die führenden - bisher staatstreuen
- Fernsehsender NTV und Perwyj Kanal lassen zur besten Sendezeit
Regierungskritiker zu Wort kommen. Jüngstes Beispiel war
Oppositionspolitiker Boris Nemzow, der am 29. Januar bei NTV über
Wahlbetrug sprach.
Gleichzeitig stehen kritische Journalisten unter starkem Druck. Am
13. Dezember wurde Maxim Kowalski, Herausgeber der unabhängigen
Zeitschrift Kommersant Wlast, entlassen. In der vorangegangenen
Nummer hatte das Magazin über Wahlbetrug berichtet und einen
ungültigen Stimmzettel mit einem rüden Kommentar über Wladimir Putin
auf das Titelblatt gehoben.
Auch die die nichtstaatliche Wahlbeobachtungsorganisation Golos
kann nicht mehr ungestört arbeiten. Sie teilte mit, dass in ihren
Büros "wegen Renovierungsarbeiten" bis zum 6. März - zwei Tage nach
der Wahl - der Strom abgeschaltet werden soll. Golos plant, wie schon
während der Parlamentswahl Anfang Dezember, im Internet eine
interaktive Karte zu veröffentlichen, die Fälle von Wahlbetrug an
verschiedenen Orten im Land dokumentiert.
Auf der aktuellen ROG-Rangliste der Pressefreiheit steht Russland
auf Platz 142 von 179 Ländern. Im September 2009 hat die Organisation
in der Studie "Helden und Handlanger" die Pressefreiheit in
ausgewählten russischen Regionen untersucht, darunter im Gebiet Perm.
Zur Rangliste der Pressefreiheit: http://bit.ly/wR1ug4 Zum Bericht
"Helden und Handlanger": http://bit.ly/wMBM2A
Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Ulrike Gruska
Pressearbeit
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