(ots) - Verschobene Perspektive
Die Menschenrechtsfrage spricht Angela Merkel in China bei jedem
denkbaren Anlass an. Dass es zu selten wäre, kann niemand beklagen.
Aber auch die Chinesen halten ihr Ende des Taus fest, indem sie
geplante Besuche bei Regierungskritikern offenkundig gezielt
unterbinden.
Dass Merkel angesichts dessen ruhig bleibt, ist richtig. Das
Verhältnis wandelt sich zum Besseren, die Lage in China auch. Zu viel
Provokation ist kontraproduktiv. Gemeinsame wirtschaftliche
Interessen schweißen dagegen auf Dauer zusammen und bewirken
Veränderungen fast von selbst. Die können diplomatisch und mit
Augenmaß parallel vorangetrieben werden. Zu viel Aufruhr schadet aber
nur, zu viel Arroganz übrigens auch. Man stelle sich das Befremden
vor, würde ein chinesischer Staatsgast in Berlin bei jeder erstbesten
Gelegenheit kritisieren, was seinen Vorstellungen von Gerechtigkeit
nicht entspricht. Deutschland sollte seinen Standpunkt daher deutlich
darlegen, ohne ihn ins Absolute zu überhöhen.
Geradezu kurios ist Merkels Reise unter einem anderen
Gesichtspunkt. Hartnäckig mahnt die chinesische Regierung Europa zum
Sparen, bevor sie mit ihren Devisen helfen will. Andernfalls fürchtet
Peking Unmut im eigenen Land. Das wirkt merkwürdig vertraut, hat hier
doch Berlin die Büßerrolle inne, die in Europa das drangsalierte
Athen ausfüllt. So schnell können sich die Perspektiven verschieben.
Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion
Telefon: +49(0)541/310 207