(ots) - Vor dem Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel
mit dem kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew am Mittwoch (8.
Februar) erinnert Reporter ohne Grenzen (ROG) an die widrigen
Bedingungen, unter denen Journalisten in dem zentralasiatischen Land
arbeiten. Die autoritäre Regierung in Almaty hat den Druck auf
unabhängige Medien nach gewalttätigen Zusammenstößen bei
Ölarbeiterstreiks im Dezember erheblich verstärkt. Nasarbajew und
Merkel wollen in Berlin eine deutsch-kasachische
Rohstoffpartnerschaft unterzeichnen.
Die jüngsten Angriffe der kasachischen Behörden richteten sich
gegen die wichtigsten unabhängigen Zeitungen des Landes, Golos
Respubliki und Wsgljad. Anfang Februar lud der kasachische
Geheimdienst die stellvertretende Chefredakteurin von Golos
Respubliki, Oksana Makuschina, mehrmals zum Verhör. Die
Redaktionsräume der Zeitung wurden durchsucht und Computer
beschlagnahmt. Wenige Tage zuvor hatte Makuschina eine
Pressekonferenz geleitet, auf der sie sich für den inhaftierten
Journalisten Igor Winjawski einsetzte.
Igor Winjawski, Herausgeber der Zeitung Wsgljad, wurde am 23.
Januar festgenommen und sitzt seither in Untersuchungshaft. Er wird
beschuldigt, zum Sturz des kasachischen Präsidenten aufgerufen zu
haben, Menschenrechtsorganisationen halten die Vorwürfe jedoch für
politisch motiviert. Wsgljad kann nicht mehr erscheinen, weil bei der
Festnahme Winjawskis die gesamte Redaktionstechnik sowie dessen
persönlicher Computer konfiziert wurden.
Den Druck auf unabhängige Medien hatte die kasachische Regierung
besonders nach den Unruhen in der Region Mangistau verstärkt. Dort
streiken Ölarbeiter seit dem Frühjahr 2011 für höhere Löhne, am 16.
Dezember starben bei schweren Zusammenstößen mit der Polizei in der
Stadt Schanaosen mindestens 16 Menschen. Präsident Nasarbajew
verhängte einen 20-tägigen Ausnahmezustand über die Region,
Journalisten konnten sich dort seither nur unter Aufsicht bewegen.
Der Blogger Murat Tungischbajew wurde zusammengeschlagen, als er
versuchte, eine Polizeikontrolle zu filmen.
Während der Unruhen waren Internet- und Mobilfunknetze nicht
verfügbar. Führende Nachrichtenseiten wie der Online-Auftritt der
Oppositionszeitung Respublika, der YouTube-Kanal des
Satellitenfernsehens K+ und die Seite der landesweit bekannten
kritischen Journalistin Guljan Jergalijewa, guljan.org, konnten
tagelang nicht aufgerufen werden.
Um zu verhindern, dass Informationen über die Streiks an die
Öffentlichkeit gelangen, ging die Regierung bereits seit Monaten
gegen unabhängige Medien vor. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen
das unabhängige Video-Nachrichtenportal Stan TV sowie das
Satellitenfernsehen K+ und die Nachrichtenagentur Namystan, die oft
Material von Stan TV übernehmen. Im September sollte die Redaktion
von Namystan mit der Begründung geschlossen werden, dass deren Räume
Brandschutzbestimmungen nicht genügten. Wenig später stufte das
Gesundheitsamt die Satellitenanlage von Stan TV als Gefahr für die
Bevölkerung ein. Ende Oktober wurden zwei Stan TV-Reporter mit
Baseballschlägern verprügelt, als sie versuchten, protestierende
Ölarbeiter in der Region Magistau zu filmen.
INTERVIEWANGEBOT
Asel Limschanowa, Chefredakteurin des Videoportals stan.kz, steht
ab Mittwoch (7. Februar), eine Woche lang in Deutschland für
Interviews bereit (in russischer Sprache). Reporter ihres Senders
waren während der gewalttätigen Zusammenstöße im Dezember als einzige
vor Ort in Schanaosen. Ende Januar wurden Stan-Mitarbeiter einzeln zu
Verhören beim Geheimdienst einbestellt.
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Reporter ohne Grenzen
Ulrike Gruska
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