(ots) - Es gibt das alte Sprichwort: "Traue keiner Statistik,
die du nicht selbst gefälscht hast." Die Regierung müsste demzufolge
großes Vertrauen in das von ihr vorgelegte Sparpaket haben. Vieles
von dem Zahlenmaterial, das nun vorgelegt wurde, erinnert an kreative
Buchhaltung, wie man sie sonst nur von Banken und Konzernen kennt,
die gerade ums Überleben kämpfen.
Erstes Beispiel dafür: Wie kommt die Regierung eigentlich auf den
Konsolidierungsbedarf von 26,5 Milliarden Euro bis zum Jahr 2016? Die
Antwort: indem sie das Ausgangsszenario als viel dramatischer
vorrechnet, als es bisher der Öffentlichkeit kommuniziert wurde. So
ging man noch vor drei Monaten davon aus, dass der Schuldenstand der
Republik in den nächsten vier Jahren auf 74,4 Prozent der
Wirtschaftsleistung steigen wird. Nun rechnet man vor, dass sich die
Schuldenlast ohne Gegensteuern auf fast 78 Prozent entwickelt hätte.
Der kleine Unterschied macht knapp zwölf Milliarden Euro aus - nur im
Jahr 2015. Oder anders gesagt: Trotz "größten Sparpakets aller
Zeiten" wird der Schuldenstand 2016 nur geringfügig niedriger sein
als im Vorjahr.
Wie das alles zusammenpasst? Warum man nun so pessimistisch ist? Weil
sich die Konjunktur schlechter entwickle und auch Ausgaben für
Bildung und Unterricht im alten Modell noch nicht enthalten gewesen
seien, heißt es im Finanzministerium. Die ganze Wahrheit kann das
nicht sein. Das Wifo hat seine mittelfristige Wachstumsprognose nur
geringfügig von 1,8 auf 1,6 Prozent pro Jahr revidiert. Die
Mehrausgaben für Bildung waren im Herbst auch schon politisch
akkordiert.
Das wirft viele Fragen auf, die die Regierung bisher nicht
beantwortet hat: Waren die alten Zahlen Unsinn? Wird hinter den
Kulissen schon einkalkuliert, dass die Griechenland-Hilfen
abgeschrieben werden müssen?_Oder auch jene für Irland und Portugal?
Rechnet man damit, dass die verstaatlichten Banken (Hypo Kärnten,
Kommunalkredit) weitere Zuschüsse benötigen werden? Angesichts der
bisherigen Informationspolitik sind solche Worst-Case-Szenarien nicht
auszuschließen. Still und heimlich wurden auch im Budget des
Vorjahres 600 Millionen für die Bad Bank der Kommunalkredit
zurückgestellt.
Ein anderes Beispiel für die rot-schwarzen Rechenkünste: Schlappe 1,5
Milliarden Euro wurden schon mal unter dem Titel
Finanztransaktionssteuer eingebucht. Ãœber den kleinen
Schönheitsfehler, dass diese Steuer auf EU-Ebene noch immer äußerst
umstritten ist, sah man einfach hinweg.
Oder: Was ist eigentlich "ausgabenseitiges Konsolidieren"? Der naive
Bürger würde wahrscheinlich sagen: Ausgabenseitig ist es dann, wenn
eine staatliche Ausgabe reduziert wird. Denkste. Bei der kreativen
Buchhaltung werden auch höhere Beiträge für Kranken-, Pensions- und
Arbeitslosenversicherung als ausgabenseitig verbucht. Ebenso eine
Strafgebühr, die Unternehmen bei Beendigung eines Dienstverhältnisses
sowie für Nachtarbeit zahlen müssen.
In Summe machen diese Punkt 1,5 Milliarden aus. Abgesehen von der
irreführenden Darstellung führen sie auch zu einer neuerlichen
Belastung des Faktors Arbeit. Hier ist Österreich ohnehin schon
Weltmeister. Alle Experten plädieren seit Jahren für eine Ent- statt
Belastung der Arbeitskosten. Aber was zählen solche Argumente schon,
solange man das Zahlenwerk kreativ schönrechnen kann.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
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