PresseKat - ROG: Der Eurovision Song Contest ist keine unpolitische Veranstaltung

ROG: Der Eurovision Song Contest ist keine unpolitische Veranstaltung

ID: 574739

(ots) - Einen Tag vor dem Deutschland-Finale des Eurovision
Song Contests (ESC) ruft Reporter ohne Grenzen (ROG) alle Beteiligten
auf, sich intensiv mit dem Gastgeberland Aserbaidschan
auseinanderzusetzen und öffentlich Position zu den Verletzungen der
Presse- und Meinungsfreiheit dort zu beziehen. "Der Eurovision Song
Contest ist nicht einfach eine unpolitische Musikveranstaltung, wie
die Organisatoren uns weismachen wollen ", sagte
ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske.

"Er findet in einem Land statt, in dem es keine freie
Berichterstattung gibt und kritische Journalisten bedroht werden", so
Rediske. "Jury, Journalisten, Produzenten und Sänger - sie alle
können und sollten dazu beitragen, dass die
Menschenrechtsverletzungen nicht ignoriert werden."

ROG zählt den aserbaidschanischen Präsidenten Ilcham Alijew zu den
Feinden der Pressefreiheit, Journalisten arbeiten in dem
südkaukasischen Land unter ständiger Bedrohung. Im vergangenen Jahr
wurden nach Angaben lokaler NGOs über 50 Medienvertreter überfallen
oder von der Polizei angegriffen, besonders während der Proteste
gegen die Regierung im Frühjahr 2011. Immer wieder werden
Journalisten und Blogger aus fadenscheinigen Gründen verhaftet. Awas
Sejnalli, Chefredakteur der Zeitung Chural, sitzt seit Ende Oktober
2011 im Gefängnis, nachdem er in Artikeln den autokratisch
regierenden Präsidenten Ilcham Alijew kritisiert hatte. Gegen mehrere
Blogger, die im Frühjahr zu Protesten aufgerufen hatten, wurden
Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Morde an den Journalisten Elmar
Husejnow (2005) und Rafik Tagi (2011) sind bis heute nicht
aufgeklärt.

Zum Eurovision Song Contest versucht die aserbaidschanische
Regierung - mit tatkräftiger Hilfe westlicher PR-Agenturen - ihr Land
als modernen, offenen Staat zu präsentieren. Als für den Bau einer




millionenschweren Veranstaltungshalle im Zentrum Bakus etliche
Einwohner mit Gewalt aus ihren Häusern vertrieben wurden, versuchten
die Behörden hingegen, eine unabhängige Berichterstattung zu
verhindern. "Die Diskrepanz zwischen der glitzernden PR-Fassade und
der bitteren Wirklichkeit Aserbaidschans kann nur eine unabhängige
Presse sichtbar machen", sagte ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske.

Reporter ohne Grenzen fordert von der aserbaidschanischen
Regierung, die Visavergabe und Akkreditierung für ausländische
Journalisten frei und transparent zu gestalten. Unbehinderte
Recherche muss vor, während und nach dem ESC sowohl in Baku als auch
im Rest des Landes möglich sei. Journalisten dürfen in ihrer Arbeit
nicht thematisch beschränkt werden.

INTERVIEWANGEBOTE:

Emin Milli (spricht deutsch und englisch) Der Blogger und Aktivist
Emin Milli saß 17 Monate im Gefängnis, weil er sich in einem
satirischen Video über korrupte Politiker lustig gemacht hatte. Er
wurde 2009 zu einer Haftstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt, im
November 2010 aber nach internationalen Protesten vorzeitig
entlassen. Zurzeit studiert Milli in London.

Emin Husejnow (spricht englisch) Der aserbaidschanische Journalist
ist zugleich Vorsitzender des Instituts für die Freiheit und
Sicherheit von Journalisten und Mitinitiator der Kampagne "Sing for
Democracy" - einem Projekt mehrerer aserbaidschanischen NGOs, die den
Song Contest in Baku dazu nutzen wollen, auf Menschenrechtsdefizite
und Verletzungen der Pressefreiheit in ihrem Land hinzuweisen.

Ejnulla Fatullajew (spricht englisch) Der Gründer und
Chefredakteur der Oppositionszeitungen Realny Aserbaidschan und
Gündalik Aserbaidschan wurde 2007 unter anderem wegen "Anstachelung
zu nationalem Hass" zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt und saß
trotz internationaler Proteste vier Jahre im Gefängnis. Erst wenige
Tage nach dem Sieg Aserbaidschans beim Eurovision Song Contest im Mai
begnadigte Präsident Alijew den Reporter.

Eine Übersicht über die Verletzungen der Pressefreiheit der
vergangenen Jahre finden Sie unter: http://bit.ly/whJnNF

Sie finden diese Meldung online unter: http://bit.ly/xLdqOm



Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Ulrike Gruska
Pressearbeit
presse(at)reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de
T: +49 (0)30 202 15 10 - 16
F: +49 (0)30 202 15 10 - 29


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Datum: 15.02.2012 - 11:44 Uhr
Sprache: Deutsch
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Kategorie:

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