(ots) - Anlässlich der Veröffentlichung des Berichts des
Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder
erniedrigender Behandlung oder Strafe des Europarates (CPT) zu seinem
Besuch in Deutschland im November und Dezember 2010 erklärt Beate
Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte:
"Der Ausschuss macht wichtige Empfehlungen zur Verbesserung des
Schutzes vor Folter und Misshandlung in Deutschland, die zügig
aufgegriffen und umgesetzt werden sollten. So sollte zur Aufarbeitung
von Fällen von Polizeigewalt bei der Bundespolizei und allen
Länderpolizeien - wie gerade in Berlin beschlossen - eine
Kennzeichnungspflicht für alle Beamten eingeführt werden, um eine
Identifizierung zu ermöglichen.
In einem weiteren Schritt sollten unabhängige Beschwerde- und
Untersuchungsstellen für Fälle von Misshandlungen durch die Polizei
eingeführt werden. Die Antwort der Bundesregierung auf die Nachfragen
des CPT-Ausschusses macht deutlich, dass Anzeigen wegen polizeilicher
Ãœbergriffe und deren strafrechtliche Aufarbeitung noch immer nicht
ausreichend erfasst werden. Sofern offizielle Daten zu Beschwerden
überhaupt vorliegen, fällt auf, dass die Staatsanwaltschaft nur in
einer überaus geringen Anzahl von Fällen Anklage erhebt. Das Institut
empfiehlt der Bundesregierung und den Länderregierungen daher, die
Gründe dieses Missverhältnisses zwischen Beschwerdezahlen und
Anklageerhebungen systematisch zu untersuchen und ein Monitoring für
die strafrechtliche Aufarbeitung von Anschuldigungen einzurichten."
Auch in weiteren bedeutsamen Bereichen fordere der Ausschuss, den
Schutz vor Misshandlung gesetzlich zu verstärken und bestehende
Schutzrechte in der Praxis tatsächlich einzuhalten, unterstrich
Rudolf. So empfiehlt der Ausschuss etwa, bei polizeilichen
Vernehmungen den Zugang zum Anwalt in der Praxis durchgängig zu
ermöglichen und bei Jugendlichen die Anwesenheit einer
Vertrauensperson oder eines Anwalts gesetzlich zwingend vorzusehen.
Er übt deutliche Kritik an der noch immer weitverbreiteten
Unterbringung von Abschiebungshäftlingen in Gefängnissen und dem
mangelnden Zugang zu rechtlicher Beratung in der Abschiebungshaft. In
Gefängnissen sollten Fixierungen von Gefangenen am Boden oder an
festen Gegenständen generell verboten werden.
Der Ausschuss beschäftigt sich mit der Ausgestaltung der
Sicherungsverwahrung und kritisiert, dass diese sich in den besuchten
Einrichtungen trotz der Urteile des Europäischen
Menschenrechtsgerichtshofes und des Bundesverfassungsgerichtes nicht
ausreichend von der Strafhaft unterschieden. Zudem fordert er die
Abschaffung der in besonders gelagerten Fällen gesetzlich
zugelassenen Möglichkeit der chirurgischen Kastration von
Sexualstraftätern. Nicht in allen Bereichen sei die zeitgleich
veröffentliche Stellungnahme der Bundesregierung befriedigend, so
Rudolf.
Der Ausschuss hat während seines Besuchs Einrichtungen der
Bundespolizei und verschiedener Länderpolizeien,
Abschiebungshafteinrichtungen, Justizvollzugsanstalten für Männer,
Frauen und Jugendliche, Einrichtungen der Sicherungsverwahrung, eine
Jugendarrestanstalt sowie eine forensische psychiatrische Anstalt in
den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin,
Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt besucht.
Der Bericht des CPT-Ausschusses und die Antwort der
Bundesregierung:
http://ots.de/VLLtq
http://ots.de/Tg9iO
Pressekontakt:
Bettina Hildebrand, Pressesprecherin
Tel.: 030 25 93 59 - 14, Mobil: 0160 96 65 00 83
E-Mail: hildebrand(at)institut-fuer-menschenrechte.de