(ots) - Zum Internationalen Tag des Artenschutzes (3.3.)
hat der NABU eine aktuelle Analyse des Zustandes des Natur- und
Artenschutzes in Deutschland veröffentlicht. Erstmals zeigt ein Atlas
das bundesweite Bild des Artenschutzes und macht besonders
schützenswerte Vogelarten und seltene Lebensräume sichtbar. "Das
Ergebnis ist beschämend. Die Untersuchung zeigt, dass das
Vorzeigeland Deutschland in Sachen Artenschutz den eigenen
vollmundigen Bekundungen oft hinterher hinkt. Tatsache ist: Allein
durch Gesetze und die Ausweisung von Schutzgebieten werden keine
Arten und Lebensräume gerettet. Es braucht vor allem die Finanzierung
der Arbeit für den Erhalt der biologischen Vielfalt, sonst ist das
akute Artensterben nicht zu stoppen", sagte NABU-Präsident Olaf
Tschimpke.
In keinem Bundesland stehen die Ampeln für einen erfolgreichen
Arten- und Biotopschutz auf Grün, das hatte schon eine Analyse der
Umweltverbände BUND und NABU im Jahr 2010 ergeben. Auch 20 Jahre,
nachdem sich die EU-Mitgliedstaaten mit der
Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie zu mehr Anstrengungen im Naturschutz
verpflichtet haben, gibt es nur in Einzelfällen beeindruckende
Erfolge, etwa bei Otter, Biber, Uhu, Kranich oder Wolf. Die
Gesamtschau zeigt dagegen, dass der Zustand vieler Sorgenkinder der
Artenvielfalt immer noch besorgniserregend ist", erklärte Tschimpke.
So drohen der Große Brachvogel, der Kiebitz und das Rebhuhn zu
verschwinden.
"Der Natur- und Artenschutz muss viele Versäumnisse der
Vergangenheit reparieren. Umso dringender ist es, dass wir heute
nicht noch weitere Fehler machen", betonte Tschimpke. So fordert der
NABU von Bund und Ländern auch konkrete Maßnahmen zum Schutz von
Arten und Lebensräumen, die noch nicht akut bedroht sind. Doch für
zahlreiche Arten veröffentlichen die Bundesländer ihre Untersuchungen
nicht und erschweren so zusätzlich effektiven Arten- und
Biotopschutz, wie die NABU-Analyse auf der Basis der öffentlich
erhältlichen Daten und Expertenbefragungen zeigt.
Bereits 2007 hatte die Bundesregierung mit der Nationalen
Strategie zur Biologischen Vielfalt ein Paket mit 330 Zielen und rund
430 Maßnahmen verabschiedet. Doch immer noch gibt es in den meisten
Bundesländern keine konkreten Handlungsanleitungen zum Schutz der
Vielfalt an Arten, Lebensräumen und genetischem Erbe der Natur.
Lediglich in Berlin und Thüringen wurden Strategien verabschiedet und
sind für 2012 in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen geplant.
Zwar sieht die Entwicklung des europäischen Schutzgebietsnetzwerks
Natura 2000 zunächst vielversprechend aus: In 20 Jahren hat Europa
auf fast 20 Prozent seiner Flächen dem Natur- und Artenschutz
besondere Bedeutung eingeräumt, Deutschland allein im europäischen
Schutzgebietsnetzwerk Natura 2000 immerhin 15,4 Prozent der
Landfläche. "Eine große Leistung, die ohne die Arbeit der
Bundesländer unmöglich gewesen wäre", lobte der NABU-Präsident. Auch
die Aufstellung von Managementplänen für die Gebiete mache
Fortschritte. "Doch der Teufel liegt im Detail und bei der konkreten
Umsetzung", kritisierte Tschimpke. So würden beispielsweise im
Waldnaturschutz oft nur die bestehenden Bewirtschaftungsplanungen der
Forstbetriebe fortgeschrieben und als EU-konformes Management
deklariert. "Das heißt Defizite wie fehlendes Totholz, ungenügender
Schutz alter Baumbestände und fehlende Vernetzung von Lebensräumen
bleiben unangetastet und bekommen nur ein grünes Mäntelchen."
Es fehlt vor allem an der Finanzierung, um Natura 2000 für den
effektiven Schutz von Arten und Biotopen einzusetzen, analysierte der
NABU. Bislang wird nur ein Bruchteil der dafür EU-weit nötigen sechs
Milliarden Euro jährlich aufgebracht, in Deutschland würden jährlich
rund 620 Millionen Euro gebraucht. Besonders peinlich: Bislang legt
kein Bundesland die für den Arten- und Naturschutz verwendeten Mittel
transparent offen. "Mit dieser Geheimhaltung macht sich Deutschland
lächerlich. Denn von den Entwicklungsländern fordern wir als
Bedingung für weitere Mittel, dass sie klar und transparent
beziffern, wie viel Geld sie für den Schutz ihrer biologischen
Vielfalt ausgegeben - aber zuhause sind Bund und Länder dazu selbst
nicht bereit", kritisierte Tschimpke.
Mit der mangelnden Finanzierung würden auch große wirtschaftliche
Chancen vertan. "Mit einer Reform der EU-Subventionen könnte Natura
2000 kurzfristig 130.000 neue Jobs in Europa schaffen. Es sollte doch
möglich sein, drei Prozent des EU-Budgets für den Natur- und
Artenschutz zu reservieren - und nicht immer weiter mehr als das
Zehnfache davon für Agrarsubventionen zu verpulvern, die unsere Natur
belasten und deren Produkte immer mehr Verbraucher ablehnen",
appellierte Tschimpke an die Bundesregierung ihren Einfluss in
Brüssel geltend zu machen.
Link zur NABU-Artenschutz-Analyse:
http://www.NABU.de/Artenschutz2012 Informationen zum Erhalt der
biologischen Vielfalt: http://www.NABU.de/vielfalt-vor-ort
Originaltext vom NABU
Pressekontakt:
Magnus Wessel, NABU-Referent für Natur- und Artenschutz, Tel:
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