(ots) - Wenn ein Kind sexuell missbraucht und womöglich
sogar getötet wird, dann sind nahezu alle Menschen völlig zu Recht
entsetzt, empört und betroffen. Auch der Wunsch nach Rache keimt
umgehend bei vielen auf. Doch ein Rechtsstaat muss Rache unterbinden.
Für Schuldspruch und Strafmaß sind einzig und allein Gerichte
zuständig. Daran muss man nach dem schrecklichen Mord an der
elfjährigen Lena in Emden erinnern. Kaum war ein junger Mann unter
Tatverdacht festgenommen, entwickelte sich schon eine schlimme Hetze
und Hysterie, die in Aufrufen zur Lynchjustiz gipfelte. Wir leben
zwar gottlob nicht mehr im Wilden Westen, aber in solchen Situationen
zeigt sich, dass der Firnis dünn ist. Der Mob ist immer noch leicht
zu beeinflussen, er wäre vermutlich auch heute noch bereit, einen
Menschen zu töten. Der Fall von Emden macht wieder einmal deutlich,
wie vorsichtig wir alle sein müssen, wenn wir eine Person eines
schweren Verbrechens bezichtigen. Das gilt für die
Ermittlungsbehörden, denen hier augenscheinlich eine Panne
unterlaufen ist, weil sie einen Unschuldigen verhaftet haben, den sie
kurze Zeit später wieder freilassen mussten. Aber auch wir
Journalisten sollten uns manchmal mehr Zurückhaltung auferlegen und
vorsichtiger agieren. Skeptisch zu betrachten ist das Internet. Es
bringt bei weitem nicht nur Segen. Es ist, wie sich in Emden gezeigt
hat, manchmal ein höchst gefährliches Medium für Hetze und
Beleidigungen.
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