(ots) - Auch Rebellen sollten ans Mikrofon
Die geplante Beschneidung des Rederechts für Abweichler im
Bundestag mag mit guten Absichten verbunden sein, faktisch jedoch
würden die Pläne die Politikverdrossenheit vergrößern. Zwar stellt
eine Präzisierung der Geschäftsordnung die Redezeit nicht allein ins
Ermessen des Bundestagspräsidenten. Dennoch bleibt der Eindruck
vorherrschend, Parteirebellen solle ein Maulkorb verpasst werden.
Ganz frei von Heuchelei ist die Empörung über die Geschäftsordnung
aber nicht. Denn schon jetzt ist jede Debattenstunde minutengenau
zwischen den Fraktionen aufgeteilt. Daran hat sich jeder Abgeordnete
zu halten, auch einer, der mit der Mehrheit seiner Fraktion
übereinstimmt. Die Zeit für Abweichler darf nicht dazu führen, dass
eine Partei dadurch trickreich künstlich Redezeit für sich
herausschlägt. Die Arbeitsfähigkeit des Parlaments mit seinen gut 600
Politikern ist ebenfalls zu berücksichtigen.
Dennoch: Ein stummer Abgeordneter kann seine Arbeit nicht leisten.
Zwar steht im Bundestag das Ergebnis der Abstimmung häufig schon vor
der Debatte fest. Dennoch lebt das Parlament von Rede und Gegenrede.
Werden Querdenker unterdrückt, fehlen lebendige, kontroverse,
spannende Debatten. Abgesehen davon: Käme die Änderung, wären Klagen
von Abgeordneten vor dem Bundesverfassungsgericht sicher. Das aber
sollten die Fraktionen von Union, SPD und FDP sich und den
Steuerzahlern ersparen.
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