(ots) - Deutsche Versicherer riskieren bei der Umsetzung
von Solvency II, künftig mehr Eigenkapital als nötig vorhalten zu
müssen. Der Grund: Um Kosten zu sparen, setzen die Assekuranzen beim
Risikomanagement zunächst auf das weniger aufwändige Standardmodell
der Finanzaufsicht BaFin. Die Zahl der Unternehmen, die ein eigenes
internes Risikomodell einführen wollen, hat sich dagegen zwischen
2008 und 2010 mehr als halbiert - Tendenz sinkend. Das Vorgehen
erweist sich jedoch als Wachstumsbremse. Denn um eine spätere
Umstellung auf individuelle Modelle werden die Versicherer aus
Wettbewerbsgründen nicht herumkommen. Die dann anfallenden Kosten
binden allerdings wertvolles Kapital für künftige Investitionen. Das
ist das Ergebnis einer aktuellen Marktbeobachtung von Steria Mummert
Consulting.
2008 hatten noch mehr als neun von zehn Assekuranzen den Plan, ein
internes Risikomodell für die Umsetzung der zweiten Solvency-II-Säule
einzuführen. 2010 beabsichtigte hingegen bereits mehr als jeder
zweite Versicherer, das Standardmodell der BaFin umzusetzen, ergab
die Studie "Branchenkompass Versicherungen" von Steria Mummert
Consulting und dem F.A.Z-Institut. Diese Kehrtwende liegt vor allem
an einer Verschiebung der Prioritäten. Die dritte Säule von Solvency
II, das Reporting, wurde bei den Versicherungen unterschätzt und
bindet aktuell einen Großteil der Kapazitäten, die für die
Solvency-II-Umsetzung eingeplant sind. "Die Themen interne
Risikomodellierung und Solvabilitätssteuerung werden vom Thema
Berichtspflichten komplett verdrängt. Allein das Sammeln und
Aufbereiten der Daten ist eine Aufgabe, die viele Versicherer nur
schwer stemmen können", sagt Urs Roth, Versicherungsexperte von
Steria Mummert Consulting.
Eine Verschiebung des Lizenzierungsverfahrens für eigene
Risikomodelle auf später könnte sich allerdings als Bumerang
erweisen. Denn die Versicherer, die jetzt schon die zweite Säule von
Solvency II angehen, ihre Risiko- und Unternehmenssteuerung anpassen
und dabei ihre eigenen Modelle einbeziehen, sind künftig im Vorteil.
Sie können jetzt schon Erfahrungen mit der Verknüpfung von interner
Risikomodellierung und Prioritätssteuerung sammeln. Diese Erfahrung
müssen die Versicherer bei der Zertifizierung ihrer Modelle gegenüber
der Aufsicht nachweisen - sie haben dann einen zeitlichen Vorsprung
gegenüber den Nachzüglern. Außerdem sind die Erfahrungen sehr
hilfreich für zukünftige strategische Geschäftsentscheidungen,
beispielsweise um Preis-Ralleys im Wettbewerb um Kunden mitzugehen
oder in neue Geschäftsideen zu investieren.
"Die Versicherer fahren gut damit, wenn sie die zweite Säule von
Solvency II nicht auf die lange Bank schieben. Die Kosten für die
Lizenzierung lassen sich durchaus in den Griff bekommen. Die
Unternehmen können beispielsweise bei einem wesentlichen
Aufwandsposten, der Dokumentation, sparen, indem sie sich vorerst auf
das Protokollieren des Einsatzes der Modelle beschränken", so Urs
Roth von Steria Mummert Consulting.
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