(ots) - Normalerweise ist sieben Tage vor einer Wahl alles
gelaufen. Nicht so in Nordrhein-Westfalen. Am kommenden Montag
beginnt die letzte Woche vor der Wahl. Und gut möglich, dass es dann
heißt: Alles zurück auf Null. Der Turbo-Wahlkampf schaltet dann
wirklich um auf Geschwindigkeit. Er fängt nämlich erst an. Das
wahrscheinliche Szenario geht so: In Frankreich gewinnt François
Hollande die Wahl und in Schleswig-Holstein schafft Wolfgang Kubicki,
was jedermann noch vor drei Wochen für eine negative Utopie hielt:
den Wiedereinzug der Liberalen in den Landtag. Passiert das am
Sonntag, ist am Montag alles anders. Dann sind nicht mehr Sparen und
Energiewende und Betreuungsgeld und Kindergartenpflicht die Themen,
die zur Wahl stehen. Sondern die Zukunft des Euro und eine
Renaissance der FDP. Beim Euro läuft die Front wohl so: Hollande will
nicht mehr sparen wie Merkel oder eine Agenda-Politik machen wie die
SPD, sondern Schulden machen fürs Wachstum. Spekulanten werden dann
gegen Frankreich wetten. Paris wird nicht gewinnen. Die Folge ist
eine neue Krise des Euro. Was sehr schnell geht, sagen wir: zwei
Tage. Dann liegt die Frage in der Luft: Zahlen die Deutschen für
Frankreichs Schlendrian? In diesem Moment ist entscheidend, wer die
richtige Sprache findet. Das einleuchtendste Argument auf einem
Bierdeckel. Was ist im deutschen Interesse? Und glaube niemand, das
Thema gehe nur Berlin an. Jedes große Thema spielt in einem Wahlkampf
eine große Rolle, ganz gleich, wo die Bühne steht. Eine Wiedergeburt
der FDP - trotz oder gar gegen den Parteivorsitzenden Philipp Rösler
- beflügelt die Diskussion um eine Regierungsbeteiligung der FDP. Und
um einen Lagerwechsel. Heute noch bürsten Liberale wie Grüne jeden
Gedanken an eine Ampelkoalition mit der SPD rigoros ab, spulen
routiniert Unvereinbarkeiten ab, beim Haushalt, in der Ökologie, der
Schule. Doch wie viel bleibt von der beschworenen Abneigung, falls
die von den etablierten Parteien unverstandenen Piraten mit ihrem
netten Spitzenkandidaten Paul einen grandiosen Erfolg landen und in
den Landtag einziehen und damit Rot-Grün verhindern? Was die kommende
Woche entscheidet? Reaktionsvermögen. Rhetorik. Ratio. Alles neu,
macht der Mai.
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