Die Ungarn müssen im Moment eine der größten Wirtschaftskrisen ihrer Geschichte durchstehen, denn die weltweite Finanzkrise ging auch an den Magyaren nicht vorbei. In diesen turbulenten Zeiten traf sich der Osteuropa-Korrespondent der Anlage-Trends.de-Redaktion, Andreas Gulya, mit einem der einflussreichsten Manager des Landes: György Mosonyi. Er ist CEO von MOL, dem führenden Mineralölkonzern und größten Unternehmen in Ungarn. Mit ihm sprachen wir über die Wirtschaftskrise in Ungarn, die Perspektiven von MOL und der Mineralölwirtschaft in Osteuropa.
(firmenpresse) - Mosonyi selbst ist sehr stolz darauf, dass er in seinem Leben lediglich zwei Arbeitgeber hatte, Shell und MOL. Von Shell wechselte er vor knapp neun Jahren zu MOL. Heute ist das Unternehmen der führende Mineralölkonzern Ungarns. Das Headquarter befindet sich selbstverständlich in Budapest.
Über 500 Tankstellen in fünf Ländern, davon allein 400 in Ungarn, sind in Besitz der MOL-Gruppe. Der Öl- und Gaskonzern ist als Aktiengesellschaft an der Budapester Börse gelistet und bringt "nebenbei" rund 30 Prozent der gesamten Indexgewichtung des BUX an der Budapest Stock Exchange auf die Waage. Gleichzeitig ist der Konzern auch an der Warschauer Börse gelistet. Durch ihre Expansionbestrebungen wird die MOL-Gruppe zunehmend zu einem wichtigen Player in ganz Osteuropa.
Mosonyi ist CEO und Member of the Board bei dem Unternehmen. Die CEO Funktion teilt er mit Zsolt Hernadi, der Chairman und ebenfalls CEO der Gesellschaft ist. Er ist auch noch der Ehrenpräsident vom Joint Ventures Verband sowie Vizepräsident der Ungarischen Handels- und Industriekammer.
Seine Entscheidung, zu MOL zu wechseln, hat Mosonyi bis heute nicht bereut. Denn nach eigenem Bekunden sei er ein "langfristiger Spieler" mit einer "langfristige Vision": Als Katalysator bei der Umwandlung von Staatsgesellschaften in private Unternehmen mitzuwirken. Taten ließt er folgen indem er sich mit MOL in Slowakien und Kroatien in Energieunternehmen einkaufte.
Über Mol muss man wissen, dass dieses Unternehmen eine nationale Institution ist. Nichts spricht dafür deutlicher, als das, bis auf die Haarspitzen verfeindetem nationalen Parlament das Gesetz Lex MOL, beinahe einstimmig von allen Parteien angenommen wurde.
Hierzu trug mit Sicherheit bei, dass nach dem beinahe totalen Ausverkauf ungarischer Unternehmen diese Ölfirma ungarisch blieb, und zur Zeit das größte ungarische Unternehmen ist. So war und ist die Öffentlichkeit leichter zu überzeugen, dass MOL beinahe um jeden Preis ungarisch bleiben muss.
Es spielt aber mit Sicherheit auch eine Rolle, dass MOL zu allen ungarischen Parteien sehr gute Beziehungen "unterhält". Es ist mittlerweile ein Stück Parlamentsgeschichte bei den Magyaren, dass lediglich das Lex MOL, das den MOL Aufkauf sehr erschwert, die verfeindeten Parteien zu einer noch nie da gewesene Einigkeit und zu einem überragenden Abstimmungsverhalten verleitete.
Über die Hintergründe dieser "Aktion" wurde so gut wie nichts bekannt, denn in der öffentlichen Erklärung hatten die Parteien beinahe mit der gleichen Zunge gesprochen: Die nationale Versorgung muss sichergestellt werden.
Daher wollte die Anlage-Trends.de-Redaktion auch wissen, wie es mit der Selbstständigkeit von MOL aussehe und wie lange der CEO meint, dass die MOL- Gruppe in ungarischer Hand bleiben könnte? Zwar spielt MOL in der Region Mitteleuropa eine gewisse Rolle, aber im Vergleich mit den russischen Energieversorgern würde es wohl höchstens zum Range einer Unterabteilung reichen.
Eine börsennotierte Gesellschaft wie MOL sei immer "Angriffen", sprich Aufkauf ausgesetzt sei, sagte Mosonyi. Er meint zwar, dass das Lex MOL, schon ein Schutz sei. Denn das Gesetz legt unter anderem fest, dass jedes Unternehmen maximal 10 % der Stimmrechte ausüben könnte, auch wenn einen größeren Anteil erwirbt.
Auch die EU hatte nichts gegen das Gesetz auszusetzen. Es sei üblich und europäische Tradition, dass man sich gegen ausländische feindliche Übernahme auch mit Hilfe der nationalen Parlamente schützte, so der MOL-CEO. Vor russischen "Aufkäufern" hat Mosonyi keine Angst. Sie würden nie ein Unter-nehmen gegen dessen Willen feindlich übernehmen.
Er verneinte auch, das MOL partout gegen den Aufkauf durch die österreichische ÖMV gewesen sei. Das Verfahren lag bei der EU, und entsprechend den EU Richtlinien hätte ÖMV gewisse Auflagen annehmen müssen. Offensichtlich wollte ÖMV dies nicht, und zog darauf hin den Antrag zurück, so Mosonyi.
In diesem Zusammenhang ist es sehr wichtig zu verstehen, wie die EU in solchen Fragen denkt und handelt. Denn nach einem Merger darf sich die Wettbewerbssituation auf dem einschlägigen Markt nicht verschlechtern. Diesen Grundsatz hätte ÖMV nach dem Aufkauf von MOL nur durch Restriktionen bei anderen Sparten einhalten können.
Hierzu waren sie anscheinend nicht bereit. Mosonyi meinte, das sei die wahre Geschichte des gescheiterten Mergers. Motivation war nicht das Verlieren der Unabhängigkeit, denn diese sei für sich kein erstrebenswertes Ziel einer börsennotierte Gesellschaft.
Man kämpfte bei MOL also nicht gegen das Verlieren der Unabhängigkeit, sondern gegen schlechte Geschäftskonzepte. Mosonyi weiß, dass börsennotierte Gesellschaften immer einen gewissen Lockreiz bieten. Sollte ein Käufer auf den Plan treten, der die Wettbewerbsrichtlinien einhält, dann werde man bestimmt über eine solche Übernahme-Offerte nachdenken. Aber momentan sei kein Interessent bekannt, so der MOL-CEO.
Man könnte den heimischen Markt auch nicht mit den rapid wachsenden fernöstlichen Märkten vergleichen. Verständlicherweise konzentrierten sich die Big Player auf die extensiv wachsenden Märkte in Asien und nicht um die mittel- und osteuropäischen Ländern.
Die Finanzsituation bei MOL, trotz weltweiter Finanzkrise, beurteilt Mosonyi als sehr gut. Die Firma verfüge über eine abgesicherte Kreditlinie von 2,1 Milliarden Euro. Sollte man bei INA-Übernahme zum Zuge kommen, dann müsse man hiervon lediglich 890 Millionen Euro in Anspruch nehmen. Diese Kreditlinie müsse "lediglich" im 2010 wieder refinanziert werden. In der nahen Zukunft plant MOL keine großen Akquisition, daher sei man auch gegen die Kreditkrise bestens gewappnet, meint Mosonyi.
Bei MOL sehe man aber die Gefahr einer Rezession. Die Folge wäre ein fallender Ölpreis. Aber auf der fertigen Produktenseite mag es ganz anders aussehen. China und Indien seien nach wie vor im Begriff zu wachsen. Auch in der heimischen Region würde die Nachfrage nach Diesel wachsen.
Das "Projekt Blue Stream" hat für Mosonyi seine volle Berechtigung. Denn Europa benötige viel mehr Gas als bisher. Die Russen alleine könnten den europäischen Gasbedarf alleine gar nicht decken, denn bei Zeiten müssten sogar die Russen Gas kaufen.
Bei einem anderem Projekt, "Nabucco", setzt man bei MOL auf die riesigen Förderfeldern in Turkmenistan. Auch der Konflikt zwischen Russland und Georgien habe langfristig keine Auswirkung auf das Projekt, die durch diesen Konflikt entstehende Störungen seien lediglich von interimistischer Dauer, sagte der MOL-CEO. Viel wichtiger sei, dass in Turkmenistan die entsprechende Infrastruktur zur Gasgewinnung installiert werden kann.
Natürlich hat Mosonyi auch zu den aktuellen wirtschaftlichen Problemen Ungarns eine Meinung. So nahm er auch auf dem Krisengipfel des ungarischen Ministerpräsidenten teil, aber in seiner Eigenschaft als Kammervizepräsident. Für die aktuelle Lage machte er unter anderem das Ausbleiben der längst fälligen Strukturreformen in Ungarn verantwortlich. Auf Grund dieses "Fehlers" hätte das Staatsdefizit nicht reduziert werden können. Deshalb sei Ungarn auch so anfällig für diese Finanzkrise.
Schmankerl zum Schluss: Mosonyi hofft sehr, dass die Sprache auf den MOL- Vorstandssitzungen weiterhin Englisch bleibe und nicht Deutsch. Warum? Das hat er uns nicht verraten.
(ATN/Andreas Gulya)
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