Die Erstausbildung durch Schulen, Berufsausbildung und Universitäten ist längst nicht mehr ausreichend, um im Beruf auf Dauer zu bestehen. „Lebenslanges Lernen“, heisst die Parole, aber wird diese auch wirklich ernst genommen? Was in Ländern wie Frankreich oder Schweden schon gängige Praxis ist, wird sich in Deutschland erst etablieren müssen.
(firmenpresse) - „Wissen ist Macht“, wusste der englische Staatsmann Francis Bacon. In Zeiten der Globalisierung und der alles beherrschenden Präsenz ausgefeilter Informations- und Kommunikationstechnologien heißt es mittlerweile „Können ist Macht“. Durch das Internet ist Wissen scheinbar zu einer offenen, jedem zugänglichen, Quelle geworden und hat damit seinen Stellenwert als wettbewerbsentscheidenden Faktor längst eingebüßt. Wissen alleine ist heute kein Erfolgsgarant mehr. Wer sein Wissen nicht anwenden kann und seine Chancen nicht erkennt, kommt nicht voran. Die Forschung erweitert das bestehende Wissen ständig und in einigen Bereichen ersetzen neue Erkenntnisse gar alte Leitsätze. Ohne Weiterbildung ist es da schwierig, den Anschluss zu halten.
Dazu kommt, dass sich einzelne Berufsbilder selbst grundlegend verändert haben und sich weiterhin, durch neue Technologien und Verfahren, in einem ständigen Veränderungsprozess befinden. Das Diplom in Informatik beispielsweise ist für die meisten Beschäftigten im IT-Bereich nur noch eine Teilqualifikation, da immer mehr Unternehmen detaillierte Branchenkenntnisse - und Soft-Skills sowie Führungsqualitäten voraussetzen. Weiterbildung von Unternehmen zielt heute darauf ab, den Einzelnen in seinen Fähigkeiten voranzubringen, Talente fokussiert zu entdecken und zu fördern sowie persönliche und soziale Kompetenzen zu erweitern im Sinne der Firmenanforderungen. Es geht darum Neues zu erlernen, Bekanntes zu verdichten und individuelle Lernstrategien zu entwickeln. Wobei natürlich Qualifikationen alleine auch nicht zum gewünschten Erfolg führen, sondern nur im Zusammenspiel mit Können und Kompetenz, dazu braucht es neben Weiterbildungsmaßnahmen vor allem Erfahrung.
Weiterbildung in Zahlen
Nur jeder dritte Arbeitnehmer nahm im vergangenen Jahr in Deutschland an betrieblichen Weiterbildungsmaßnahmen teil und der Trend zeigt, dass ältere Arbeitnehmer klar unterrepräsentiert sind. Vor allem nach dem 50. Lebensjahr nimmt die Beteiligung an entsprechenden Maßnahmen erheblich ab. Als Gründe könnte man vermuten, dass für erfahrene Arbeitnehmer mit dem Konzept der Weiterbildung noch immer eine negative Assoziation der mangelnden Kompetenz mitschwingt oder dass sie nicht mehr die Notwendigkeit sehen, ihr Wissen zu erweitern. Die lange Zeit geltende Annahme, wonach unser Gehirn nur in einem begrenzten Zeitfenster effektiv neues Wissen erwerben kann, hat die Wissenschaft längst widerlegt. Festgestellt hat sie unterdessen, dass ältere Menschen anders lernen und vor allem praxisnahe Trainings für die Generation 50+ gute Lernerfolge erzielen.
Die Bereitschaft und Offenheit gegenüber Soft-Skill-Kursen, aber auch fachlichen Weiterbildungskursen ist bei der Gruppe bis 40 Jahren erheblich größer. Doch auch hier sind es vor allem die Leistungswilligen, die sich gezielt fortbilden. Laut einer Studie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung bilden sich unter ihnen über zwei Drittel regelmäßig beruflich fort. Nach ihrer Motivation befragt, sagt die Mehrheit aller Befragten, dass sie sich fortbilden, um ihre beruflichen Aussichten zu verbessern. Wer bereit ist, sich weiterzubilden muss auch bereit sein, sein eigenes Wissen zu hinterfragen und auf den Prüfstand zu stellen und auch in Kauf nehmen beim Üben Fehler zu machen.
Fehler gehören dazu
Wer lernt, macht Fehler. Für viele Erwachsene ist genau das ein Problem. Fehler können viele nur schwer akzeptieren, obwohl sie zum Lernprozess gehören. Wenn Kinder laufen lernen, dann fallen sie, werden für ihren Mut gelobt und ermutigt weiter zu machen, fallen wieder … Erwachsene dagegen glauben oft selbst, dass Fehler Schwächen sind und darum um jeden Preis vermieden werden müssen. Wer sich jedoch keine Fehlertoleranz erlaubt, lernt nicht und stagniert zwangsweise.
Die Stufen des Lernens
Gregory Bateson hat ein viel zitiertes Anschauungsmodell entwickelt, welches den Lernprozess in vier Stufen gliedert. Die erste Stufe bildet die „Unbewusste Inkompetenz“; es ist einem gar nicht bewusst, dass man etwas nicht kann oder weiß. Die zweite Stufe ist die „Bewusste Inkompetenz“; hier ist man sich bewusst, dass man über eine Fähigkeit oder Wissen nicht verfügt und man übt diese Fähigkeit, ist aber noch nicht kompetent. In dieser Phase reagieren Erwachsene meist verunsichert, anders als Kinder, die sich begeistert in neue Lernabenteuer stürzen und sich über die Möglichkeiten ihrer neuen Entdeckungen freuen, müssen Erwachsene erst ihre Ängste vor Fehlern und neuen Herausforderungen überwinden. „Bewusste Kompetenz“ ist die dritte Stufe; hier verfügt man über eine Fähigkeit, diese ist jedoch noch nicht voll ausgereift und bedarf einer erhöhten Konzentration. Wenn diese Fähigkeit zur Gewohnheit geworden ist, dann ist die vierte Stufe erreicht „unbewusste Kompetenz“. Der Autor und NLP-Trainer Joseph O’Connor ergänzte dieses Modell um eine fünfte Stufe „Die Meisterschaft“. Diese beinhaltet für ihn „eine ästhetische Dimension – Meisterschaft ist effizient und außerdem wunderbar anzuschauen. Wenn sie Meisterschaft erlangt haben, müssen sie nichts mehr versuchen, […] Sie kommen in einen „Flow – Zustand“. Es kostet Zeit und Mühe dahin zu kommen, aber die Ergebnisse haben etwas Zauberhaftes. Sie merken gleich, wenn sie einem Meister zuschauen, denn bei ihm sieht alles einfach aus, selbst wenn sie nicht jede Facette dieser Fertigkeit schätzen.“
Lebenslanger Bildungsprozess
Bildung ist heute kein Lebensabschnitt mehr, den man mit Verlassen der Schule oder Universität abgeschlossen hat, sondern ein lebensbegleitender Entwicklungsprozess. Während jedoch die Ausgaben jedes Einzelnen für Weiterbildungsmaßnahmen steigen, sinkt, laut Statistischem Bundesamt, die Unterstützung der Arbeitgeber. 2005 ließen sich Unternehmen die Maßnahmen pro Mitarbeiter 504 Euro kosten, das waren im Schnitt 8 Prozent weniger, als sie noch 1999 dafür ausgaben.
Vom Berufsanfänger bis hin zur erfahrenen Führungskraft muss heute jeder die eigenen Qualifikationen immer wieder überprüfen und erweitern. Der – von Frau Merkel postulierte – Begriff „Bildungsrepublik Deutschland“, in Verbindung mit der Eigenverantwortung für die persönliche Weiterbildung, prägt die öffentliche Diskussion in Deutschland. Das Thema wird jedoch nicht nur hierzulande erörtert. In ganz Europa wird Weiterbildung als Schlüsselfaktor für Erfolg angesehen, der über die Sicherheit des Arbeitsplatzes, ein gutes Einkommen und auch die Einstiegschancen während der Arbeitssuche entscheiden kann.
In Frankreich existiert bereits ein funktionierendes Netzwerk zwischen Betrieben, Tarifparteien und dem Staat. Und auch in Deutschland gibt es zahlreiche Bemühungen und Initiativen, um berufliche Weiterbildung verstärkt zu fördern. Bisher ist jedoch zwischen diesen Initiativen und der tatsächlichen Nutzung von Weiterbildungsprogrammen eine erhebliche Diskrepanz.
Politische Stimulation
Gerade im Hinblick auf die Alterung der Gesellschaft und den damit verbundenen viel gefürchteten Fachkräftemangel, werden Stimmen lauter, die bundesweite Regelungen zur Weiterbildung fordern. Die Bundesregierung reagierte hierauf mit der groß angelegten Offensive „Lebenslanges Lernen“, durch die eine Weiterbildungsquote von 50 Prozent erreicht werden soll. Der Kreis der Unterstützer wächst kontinuierlich. Von den großen Gewerkschaftsverbänden bis hin zum Bundesverband mittelständischer Wirtschaft wollen Politik und Wirtschaft gemeinsam die Rahmenbedingungen für Arbeitnehmer und auch Arbeitssuchende verbessern. Die im Frühjahr von der Bundesregierung beschlossenen Bildungsprämie soll Arbeitnehmer mit geringen Einkommen zu mehr Eigeninitiative bei der beruflichen Weiterbildung motivieren. Ab Oktober dieses Jahres können Arbeitgeber, deren Einkommen unter 17.900 Euro im Jahr liegt (Ehepaare 35.800), eine Bildungsprämie von 154 Euro pro Jahr beantragen. Voraussetzung ist, dass sich der Arbeitnehmer mit einem Eigenbetrag von mindestens der gleichen Höhe beteiligt.
Das Ziel: Weiterbildung als Breitensport
Berufliche Weiterbildung ist jedoch nur dann effektiv, wenn die Bereitschaft zur Weiterbildung vom Einzelnen kommt. Der Schlüssel hierzu ist die eigene Neugierde und der Spaß an neuen Fähigkeiten. Die meisten Menschen brauchen ein konkretes, individuelles Ziel, das sie motiviert. Viele müssen neben den eigenen Motivationsimpulsen auch das Lernen wieder erlernen bzw. wiederentdecken. Damit verhält es sich so, wie mit dem Fahrradfahren, wenn man es lange nicht tut, verlernt man es zwar nicht ganz, aber es fällt einem schwer, damit wieder anzufangen. Die ersten Fahrten / Lektionen sind mühsam und es braucht eine Weile, um wieder den richtigen Tritt zu finden. Wer die Anfangsträgheit überwunden hat und die ersten selbstgesetzten Etappenziele erreicht, gewinnt durch positive Erfahrungen an Motivation hinzu. Der Schweizer Philosoph und Autor Peter Bieri sagte einmal dazu: „Bildung ist etwas, das Menschen mit sich und für sich machen: Man bildet sich. Ausbilden können uns andere, bilden kann sich jeder nur selbst. […] Eine Ausbildung durchlaufen wir mit dem Ziel, etwas zu können.“ Wenn man sich weiterbildet, arbeitet man laut Bieri daran: „etwas zu werden – wir streben danach, auf eine bestimmte Art und Weise in der Welt zu sein.“ In diesem Sinne: Seien Sie neugierig und suchen Sie nach neuen Perspektiven und Herausforderungen.
Zur Autorin
Gilla Vogel-Berquet ist Leiterin der Benmark University. Sie studierte Kommunikationswissenschaften und BWL und arbeitet seit über fünfzehn Jahren erfolgreich als Trainerin, Beraterin und Managerin. Frau Vogel-Berquets Schwerpunkt liegt in der Führungskräfteentwicklung und Management Diagnostik. Darüber hinaus verfügt sie über langjährige Erfahrungen im Bereich Business Coaching, Projektmanagement und Training in großen internationalen Konzernen und Beratungshäusern.
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