(ots) - Politisches Chamäleon
An der Spitze Serbiens steht nun ein aus europäischer Sicht
Unbekannter: Tomislav Nikolic. Europas Politiker haben es im
Wahlkampf versäumt, sich mit dem Herausforderer des Amtsinhabers
Boris Tadic vertraut zu machen. Zu überzeugt waren sie davon, dass
der von ihnen hofierte Demokrat das Rennen machen würde. So ist auch
die reflexartige Mahnung zu verstehen, Nikolic solle am bisherigen
pro-europäischen Weg Serbiens festhalten: Weder in Brüssel noch in
Berlin ist man sich sicher, was von dem politischen Chamäleon Nikolic
zu erwarten ist.
Der neue Präsident präsentiert sich ohne klaren Kurs. Dass er in
seinem Wahlkampf auf populäre Themen setzte, indem er soziale
Ungerechtigkeiten kritisierte und Arbeitsplätze versprach, kam ihm
zugute: Die Serben leiden unter einer Rezession. Als Nationalist und
Anhänger eines Großserbiens kämpfte Nikolic in den 1990er-Jahren im
Bürgerkrieg gegen Kroatien, verehrte Politiker wie Vojislav Seselj
und Slobodan Milosevic, die vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal
landeten. Zweifelhaft bleibt daher, ob man ihm die Wandlung vom
antiwestlichen Politiker zum Befürworter des serbischen EU-Beitritts
abnehmen darf. Damit hat Nikolic im Wahlkampf breite Wählerschichten
erreicht. Gerade in der strittigen Kosovo-Frage dürfte er noch
unbeweglicher sein als sein Vorgänger, keine guten Voraussetzungen
für künftige Beitrittsgespräche.
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