(ots) - Die hohe Kunst des Gemüses
Eins muss man ihr lassen: Humor hat die neue Documenta-Chefin.
Kurz vor der Eröffnung ihrer Großausstellung mal eben den Unterschied
zwischen Kunst und Natur vom Tisch zu wischen, das macht auf jeden
Fall neugierig.
Und tatsächlich kann Carolyn Christov-Bakargievs Frontalattacke
auf die grundlegenden Kategorien unseres Selbstverständnisses ja in
viele Richtungen fruchtbar sein. Die Aufwertung von Tieren ist
sowieso hochgradig ehrenwert. Und die Bedingungen der
Kulturproduktion zu erkunden, indem man sie aus den gewohnten
Kontexten herauslöst, öffnet den Blick: Denn natürlich folgt auch die
Kunst nicht nur hehren Intentionen und Ideen; auch sie unterliegt
vitalen Interessen, materiellen Notwendigkeiten, Systemlogiken und
Zufällen, wie der Wuchs einer Tomate, wenn man es denn zuspitzen
will.
Gemüse wählen zu lassen bleibt trotzdem unpraktikabel. Und auch
der Documenta muss man wünschen, dass sie am Ende einen Unterschied
zwischen der Kunst und dem Rest der Welt erkennt. Wenn nicht, könnten
wir in Zukunft statt der Documenta auch einfach nur die Kasselaner
Mülleimer bestaunen.
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