(ots) - Armutszeugnis
Wer nichts wird, wird Wirt", besagte früher ein Sprichwort.
Künftig könnte es heißen: "Wer keine Stelle findet, wird Erzieher."
Eine Aussage mit fatalem Signal, das die Betreuung von Kleinkindern
zur Resteverwertung der Verschmähten auf dem Arbeitsmarkt degradiert.
Sicher ist es grundsätzlich eine gute Idee, Arbeitssuchenden die
Option zu eröffnen, sich zum Erzieher ausbilden zu lassen, in
Einzelfällen, wenn ein klares Interesse an diesem Beruf besteht. Dass
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen aber nun darauf setzt, mit
einem Rundumschlag den steigenden Bedarf an Betreuungskräften zu
decken, ist ein Armutszeugnis.
Es zeigt zum einen, dass der Ausbau an Kindertagesstätten zwar
vorangetrieben wird, nicht aber entsprechend mehr Erzieher
ausgebildet werden. Zum anderen offenbart der Vorstoß eine enorme
Geringschätzung dessen, was Erzieher täglich leisten. Das wiegt viel
schwerer. Der gesellschaftliche Konsens will, dass Eltern ihr Kind ab
dem Säuglingsalter außerfamiliär betreuen lassen können, wenn sie das
möchten. Sich um diese kleinen Menschen zu kümmern, ihnen Werte zu
vermitteln, sie zu selbstbewussten Individuen zu erziehen, ist mehr
als mit Bauklötzen spielen oder Lieder singen. Es ist eine
verantwortungsvolle Aufgabe, die eine qualifizierte Ausbildung
erfordert und höchste Anerkennung verdient, und nicht von jedem
ausgeübt werden sollte, der anderswo gerade keine Arbeit findet.
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