(ots) - Rückfall in stalinistische Zeiten
Den Zeitpunkt für die Verschärfung des Versammlungsgesetzes in
Russland hat Wladimir Putin raffiniert gewählt: Wenn das eigene Volk
und ganz Europa dem Fußballfieber verfallen, wird der neuen
Einschüchterungspolitik des Kremlchefs gegen Oppositionelle,
Bürgerrechtler und Demonstranten nicht so eine große Aufmerksamkeit
zuteil, so sein Kalkül. Der Plan ist weitgehend aufgegangen. Der
angekündigte Marsch der Millionen gegen die Staatsmacht schrumpfte zu
einer Demonstration von Zehntausenden. Und die Kritik ausländischer
Regierungen fällt bisher bescheiden aus.
Dabei markieren die Razzien gegen Oppositionsführer und die
drakonischen Strafen bei Verstößen gegen das Versammlungsrecht einen
Rückfall in stalinistische Zeiten. Der im Frühjahr wiedergewählte
Präsident will endgültig der seit einem Jahr rollenden
Protestbewegung den Garaus machen. Dass Putin gleichzeitig von Dialog
und Kompromissbereitschaft spricht, ist reine Fassade. Der
Machtstratege setzt stattdessen darauf, dass sich die moderate
Mittelschicht, die derzeit die Proteste trägt, aus Angst vor Polizei
und Geheimdienst künftig von Demos fernhält. Ein Anwachsen der
radikalen Kräfte würde Putin dann die Legitimation für
Knüppeleinsätze verschaffen. Er verkennt dabei jedoch, dass sich die
russische Gesellschaft nicht mehr so leicht austricksen lässt.
Solidarität und Unterstützung für Verfolgte haben längst an Bedeutung
gewonnen.
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