(ots) - "Man muss Fernsehen nicht erst sozial machen, das
war es schon immer", stellte Bertram Gugel gleich zu Beginn des 1.
Deutschen Social TV Summit fest. Mit Social TV werde das gemeinsame
Lagerfeuer-Erlebnis Fernsehen digitalisiert. Es biete die Chance, die
Nutzer zu lenken. Mit Interesse verfolgten rund 150 Besucher die
Keynote beim heutigen Gipfeltreffen der Social TV-Szene in der
Bayerischen Landeszentrale für neue Medien.
Internet und Fernsehen werden immer stärker parallel genutzt: Das
zeigen auch Ergebnisse aus der aktuellen Funkanalyse Bayern, die
BLM-Präsident Siegfried Schneider zum Auftakt nannte. Danach surfen
41 Prozent der 14- bis 19-Jährigen mindestens einmal täglich während
des Fernsehens im Internet. Bei den Notebook-, Tablet-PC und
Smartphone-Nutzern sind es 45 Prozent. In allen Altersgruppen gesamt
liegt die Zahl der Parallelnutzer (mit Notebook oder Smartphone) bei
23 Prozent. Immerhin rund 15 Prozent der jungen Nutzer rufen sich
Infos zur Sendung im Internet ab und 17 Prozent kommentieren das
TV-Programm in sozialen Netzwerken. Der Austausch über Fernsehinhalte
und die direkte Beteiligung der Zuschauer sind Möglichkeiten, die das
klassische Fernsehen eher beleben als bedrohen. "Die lange vertretene
These, dass Social Media das Fernsehen schwächt, wandelt sich damit
in ihr Gegenteil", so Schneiders Fazit.
Welche Möglichkeiten bietet nun Social TV? Bertram Gugel nannte
dazu vier Aspekte: die Personalisierung des TV-Programms, die
Interaktion mit und über Fernsehinhalte in sozialen Netzwerken oder
innerhalb von Second Screen-Applikationen, die Virtualisierung des
sozialen Kontextes (die Couch wird ins Internet verlagert) und den
Aufbau einer verstärkten Zuschauerbindung. So probiere die BBC in
ihrem Projekt Perspective Media beispielsweise gerade aus, wie aus
sozialen Netzwerken personalisierte TV-Guides entstehen könnten. Die
klassischen Sender müssten jetzt dringend umdenken und bereits bei
der Programmgestaltung die Interaktion mitdenken. Gerade die
Adressierbarkeit des Programms sei der große Vorteil von Social TV.
Aber dieser Lernprozess sei wie beim Wandel vom Stummfilm zum Tonfilm
mühsam.
Entsprechend viel Ãœberzeugungsarbeit musste Richard Gutjahr auch
beim Bayerischen Fernsehen leisten, um seine Idee einer interaktiven
Sendung dann als "rundshow" in die Praxis umsetzen zu können,
berichtete der Blogger und TV-Moderator im Interview mit Michael
Praetorius. Das Fazit von Gutjahr: Noch mehr als Twitter und Facebook
hätten die rundshow-User die App genutzt. Jeden zweiten Kommentar
habe das Team über die App bekommen. Seine Erfahrung aus dem
Experiment aus Journalistensicht: "Wir müssen lernen, mit Kritik und
Feedback umzugehen. Wir Journalisten haben uns zu sehr darauf
eingerichtet, immer das letzte Wort zu haben."
User-Kritik, Austausch auf der virtuellen Couch und Empfehlungen
statt TV-Zeitschrift: Ist das die Zukunft des Fernsehens? Wie Social
TV-Applikationen in der Praxis funktionieren, demonstrierten auf dem
Gipfel Yahoo! Into Now, die wie Heiko Genzlinger ankündigte, auch
nach Deutschland kommen; Couchfunk, myTV, Zapitano und Tweek TV. Das
Nutzungsmuster dieser Applikationen ähnelt sich: Einchecken,
kommentieren, bewerten, empfehlen!
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