(ots) -
Laut Aussenminister Konstantin Grischtschenko haben die Krise der
Eurozone und die Sorgen über die Zukunft Griechenlands die Ukraine
nicht von ihrer Entschlossenheit abgebracht, eine engere Verbindung
zur und die zukünftige Mitgliedschaft in der Europäischen Union
anzustreben.
Grischtschenko verdeutlichte in dieser Woche im Rahmen eines
Seminars zum Thema "Die Ukraine am Scheideweg", das in der Stiftung
Farefuturo in Rom stattfand, dass sein Land der Schmiedung engerer
Bündnisse mit der EU verpflichtet bleibe. Er sagte, er verstehe, dass
Europa über das Schicksal Griechenlands und die Herausforderungen der
Schuldenkrise in der Eurozone besorgt sei, genau wie auch die
Ukraine.
Die Bestimmung der Ukraine, so Grischtschenko, liege
unausweichlich in Europa und nicht in einer post-sowjetischen
Integrationsstruktur.
"Eine neue Generation Ukrainer ist herangewachsen. Diese
Generation kann sich die Zukunft ihres Landes ausserhalb der EU nicht
vorstellen. Für sie basiert ihre Zukunft auf den Werten und
Prinzipien Europas, wie Demokratie und Marktwirtschaft", so der
Aussenminister.
"Mit voller Unterstützung der Opposition hat unser Parlament vor
kurzem Wahlreformen bewilligt, die auf Empfehlungen der Europäischen
Union basieren", fuhr Grischtschenko fort. Er erwähnte darüber hinaus
eine Reihe von Gesetzen nach europäischem Stil, die von Kiew
eingeführt worden seien, von Anti-Korruptions-Gesetzen bis zu
wirtschaftlichen Reformen und der Ausschreibungsvergabe der
Exploration von Schiefergasvorkommen durch Chevron, USA, und Shell,
Europa.
Grischtschenko sprach auf einer Konferenz der in Rom ansässigen
Expertenkommission, an der Mitglieder des italienischen Parlaments,
Regierungsmitglieder, Diplomaten, Aussenpolitikexperten,
Wirtschaftsführer und Medienmacher teilnahmen.
Grischtschenko betonte, dass die Ukraine mit einem BIP-Wachstum
von 4 Prozent und einem Handelsvolumen mit Europa von annähernd 40
Milliarden Euro "der Eurozone und dem übrigen Europa in den kommenden
Jahren viel zu bieten hat".
Auch wenn die Ukraine freundschaftliche Beziehungen zu Russland
wahren müsse, würde die Formel "EU plus Ukraine" in Zukunft ein
völlig anderes Resultat ergeben, als "EU minus Ukraine", so der
Minister.
Grischtschenko schreckte nicht vor einem Kommentar zu der
Verurteilung der ehemaligen Ministerpräsidentin Julia Timoschenko
zurück, die im letzten Jahr wegen Amtsmissbrauchs schuldig gesprochen
worden war. Ausländische Kritiker seien sich vielleicht nicht der
ganzen Geschichte des Gasvertrags von 2009 bewusst, den diese trotz
der umfassend dokumentierten Ablehnung des kostspieligen Abkommens
durch ihr gesamtes Kabinett unterschrieben hatte.
"Der Gasvertrag von 2009 zwischen Timoschenkos Ukraine und Putins
Russland war vielleicht der erstaunlichste Energiehandel der
Geschichte", erklärte der Aussenminister, der an die harten
Bedingungen des Vertrags erinnerte. Trotzdem es in der Ukraine, wie
auch in anderen Ländern, ungesetzlich sei, einen Vertrag zu
unterzeichnen, der vom Kabinett abgelehnt worden war, verpflichtete
Timoschenko die Ukraine zu einem Handel, der die Wirtschaft anhaltend
schädigt.
Der Handel, so erklärte Grischtschenko, "zwingt die Ukraine dazu,
russisches Erdgas zu einem doppelt so hohen Preis zu kaufen, wie ihn
Deutschland heute bezahlt, die Höchstmenge Gas abzunehmen, auch wenn
wir es nicht brauchen, und eine Strafe zu zahlen, wenn wir nicht die
Höchstmenge zum Höchstpreis abnehmen."
Dieser Vertrag, so Grischtschenko, hat die Ukraine "in einer
deutlichen Missachtung des Regierungsverfahrens und ohne Zustimmung
des Kabinetts für zehn Jahre gebunden, nachdem Timoschenkos eigenes
Energieunternehmen in Partnerschaft mit Russland Milliarden verdient
hatte".
Der Aussenminister wies Behauptungen über Misshandlung zurück und
fügte hinzu, dass Timoschenko "sich nicht mal im Gefängnis befinde,
sondern in der am besten ausgestatteten medizinischen Einrichtung der
Ukraine, in der ihr Rücken von den besten deutschen Ärzten behandelt
werde".
Er erinnerte seine Zuhörer in Rom daran, dass der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte im letzten Monat entschieden hatte,
dass Timoschenko "eine adäquate medizinische Behandlung in einer
angemessenen Einrichtung in der Ukraine erhalte".
"Alles, worum ich unsere europäischen Freunde bitte", sagte der
Minister, "ist, dass sie die Fakten kennenlernen, die dokumentierte
Geschichte des von Timoschenko vereinbarten Gas-Deals, und kein
übereiltes Urteil fällen, denn die Geschichte ist nicht so schwarz
und weiss, wie manche Sie glauben machen möchten."
Die Fussballeuropameisterschaft 2012, so schloss er, "ist eine
Chance für persönlichen Kontakt und eine Gelegenheit für
durchschnittliche Europäer aus der Mittelschicht, die Ukraine
kennenzulernen und Kiew als grosse europäische Kapitale wahrzunehmen,
mit Bewohnern, die von ihrer europäischen Identität überzeugt sind."
Nach seinem Besuch in Rom beendete Grischtschenko seine
zweitägige Italienreise in Triest, wo er dem Treffen 2012 der
Aussenminister der achtzehn Länder der "Mitteleuropäischen
Initiative" vorsass, das in diesem Jahr zum ersten Mal von der
Ukraine geleitet wurde.
Pressekontakt:
Oleg Voloshyn (oavoloshyn(at)gmail.com; +380503165099)