(ots) - Die Party ist vorbei, vom Fest der Demokratie am Nil
ist kaum noch etwas übrig. Der Fahrplan für den Machttransfer vom
Obersten Militärrat auf eine zivile Führung liegt zerfetzt am Boden.
Das erste demokratisch gewählte Parlament und die Verfassunggebende
Versammlung sind aufgelöst. Und während die Wähler an den Urnen
standen, stutzten die Generäle dem künftigen Präsidenten so brutal
die Kompetenzen, dass er gerade noch zum obersten Grüßonkel Ägyptens
taugt. Alle Fäden dagegen bündeln sich nun per Selbstermächtigung in
den Händen der Armeeführung. Was vor vier Wochen nach der ersten
Runde der Präsidentenwahl noch wie eine kommende Übermacht der
Muslimbruderschaft aussah, hat sich quasi über Nacht in einen
rabiaten Renaissanceversuch des alten Systems verwandelt. Die
Muslimbruderschaft schwankt, ob sie zunächst klein beigibt oder auf
Konfrontation setzen soll. Für Ägyptens Zukunft verheißt das alles
nichts Gutes. Doch auch wenn sich die beiden jahrzehntelangen
Kontrahenten noch tiefer ineinander verbeißen, sie haben ihre
Rechnung ohne den Tahrir-Platz gemacht. Die Demokratiebewegung in
Ägypten hatte nie das Ziel, eine Neuverteilung der Macht zwischen
Mubaraks Regime-Staat und dem Schattenstaat der Muslimbrüder
herbeizudemonstrieren. Denn beide Machtpole sind an einer offenen
Gesellschaft, an Pluralität und breiter Beteiligung der Bürger nicht
interessiert. Darum aber ging es den jungen Revolutionären bei ihrem
historischen Aufstand. Und darum wird es auch bei dem neuen Kampf
gehen, der jetzt auf dem Tahrir-Platz beginnt.
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